„Casanova Variations“ – eine Biographie, ein Opernfilm, ein Kostümschinken?

Michael Sturmingers Film „Casanova Variations“ ist von allem etwas. Vor allem ist er der perfekte Rahmen für den wunderbaren John Malkovich, der die Rolle des Casanova ja schon seit einigen Jahren weltweit auf der Bühne darstellt.

Casanova Variations

Unterfüttert mit Mozart-Musik (musikalische Leitung: Martin Haselböck) wird Casanova als alter, auch kranker Verführer gezeigt, der es noch immer nicht lassen kann, den Frauen nachzustellen. Und der in seinem „Ausgedinge“ im tschechischen Schloß Dux an seinen Memoiren schreibt.

Sturminger hat mehrere Handlungsebenen eingezogen und switched zwischen Casanovas letzten Tagen inklusive dem Treffen mit einer ehemaligen Geliebten, einer Opernaufführung in Lissabon und dem realen Malkovich – hört sich verwirrend an und ist es zum Teil auch.

Die Sänger und Sängerinnen sind top, wie z.B. Jonas Kaufmann, Miah Person, Florian Boesch und Anna Prohaska. Und Malkovich singt auch, besonders schön die Serenade aus Don Giovanni „Deh, vieni alla finestra“. In der Diskussion meinte der Regisseur, dass es ihm nicht unbedingt auf die perfekte Ausbildung der Sänger ankommt, sondern auf die Intensität und das Gefühl in der Interpretation – im Fall von Malkovich hat er zweifellos recht.

Casanova Variations Casanova Variations

Ab 23.01.2015 in den österreichischen Kinos.

http://casanova.derfilm.at/

„La straniera“ – Bellinis eher selten gespielte Oper im Theater an der Wien

Eine geheimnisvolle Fremde schleicht über die Bühne, verschleiert und ständig ihr trauriges Los beklagend. Ein junger Graf verlässt seine Braut kurz vor der Hochzeit, um mit der Unbekannten ein neues Leben zu beginnen. Ein Freund, vielleicht ein Rivale, stirbt im Duell – oder doch nicht? Das alle sind die Versatzstücke der etwas seltsamen Geschichte, die der Belcanto-Oper von Vincenzo Bellini zugrunde liegen.

Regisseur Christof Loy hat „La straniera“ bereits in Zürich mit Edita Gruberova und in Essen mit Marlis Petersen inszeniert – und holt nun beide Sängerinnen alternierend für die Titelrolle ins Theater an der Wien.

La straniera La straniera

La straniera

In der Generalprobe konnte ich Marlis Petersen hören, die mir unglaublich gut gefallen hat und die die ganze Verzweiflung der Verstoßenen zum Ausdruck brachte. Franco Vasallo (Valdeburgo), Theresa Kronthaler (Isoletta) und Stefan Cerny (il priore) zeigten ebenfalls starke Leistungen. Die für den Regisseur zentrale Figur Arturo, zu diesem Termin besetzt mit Norman Reinhardt, hatte dagegen Probleme, sich gegen das Orchester durchzusetzen und blieb insgesamt etwas farblos. Gut wie immer: der Arnold Schoenberg-Chor.

Loy verzichtet auf zeitgenössische Interpretationen (sehr schöne historische Kostüme!), die angesichts des Plots auch schwer möglich wären. Und wie die Geschichte angelegt ist, ist meiner Meinung nach auch der Schwachpunkt dieser Aufführung. Ich habe mich vorher nicht mit dem Inhalt beschäftigt und bin sozusagen völlig blank hingegangen, bin aber auch nicht zufrieden herausgekommen. Denn obwohl die Spannung durchaus aufgebaut wird und bis zum Ende nicht klar ist, wer la straniera wirklich ist, fällt die „Auflösung“ dann so nebenbei, so unlogisch und nur halb aus (ich kann nicht glauben, dass es im Libretto wirklich nur einen Satz dazu gibt), dass ich danach gleich nachlesen musste, was da wirklich los ist.

Da diese Oper sobald wahrscheinlich nicht mehr in Wien zu hören sein wird, sollten sich Belcanto-Fans (wie ich) rasch um Karten umschauen.

Termine:
Premiere 14.01.2015
16., 18., 22., 24., 26., 28.01.2015

http://www.theater-wien.at/index.php/de/spielplan/production/153448

Empfehlung: 3*

„La serva padrona“, eine Opera buffa von Giovanni Battista Pergolesi im KONS.theater

Die Produktion des Masterstudiengangs Oper am Wiener Konservatorium brachte „La serva padrona“, eine kurzweilige Oper von Pergolesi, im hauseigenen Theater zur Aufführung: ein unterhaltsamer Abend mit dem Opernachwuchs in der schönen Ausstattung von Gilles Gubelmann (leider nur am vergangenen Montag).

Serva padrona Serva padrona

Serva padrona

Serva padrona

Musikalische Leitung: Niels Muus
Regie: Wolfgang Gratschmaier
Bühnenbild, Kostüme: Gilles Gubelmann
Produktionsleitung: Stefanie Kopinits
Italienischcoach: Magdalena Renwart

Mit Joanna Lissai, Maria Nazarova, Ogulcan Cinar, Frédéric Pfalzgraf (alle Masterstudim Oper); Florian Appelius (Studiengang Schauspiel)
Streichquintett: Liubov Kalmykova, Nadezda Kalmykova, Ekaterina Timofeeva, Vera Turgeneva, Markus Mathias Ess

http://www.konservatorium-wien.ac.at/veranstaltungen/uebersicht/veranstaltung-details/event/199001310050/la-serva-padrona-die-magd-als-herrin-1/

Und noch ein paar Nachwuchskünstler: Fidelio-Wettbewerb des Konservatoriums Wien

Seit 2002 findet der Fidelio-Wettbewerb statt, um jungen Künstlern der Privatuniversität Konservatorium Wien die Möglichkeit zu geben, sich vor einer Fachjury und interessiertem Publikum zu präsentieren – und im besten Fall in die Hauptrunde zu kommen und damit ein Stipendium zu gewinnen.

Die Preisträger in der Sparte Fidelio.Kreation.Laboratorium.Werkstatt

Die Preisträger in der Sparte Fidelio.Kreation.Laboratorium.Werkstatt

Die Preisträger in der Sparte Fidelio.Kreation.Laboratorium.Werkstatt

Die Preisträger in der Sparte Fidelio.Kreation.Laboratorium.Werkstatt

Besuchte ich in den letzten Jahren die Sparte Fidelio.Spezial im RadioKulturhaus, wollte ich heuer schauen, was in der Sparte Fidelio.Kreation.Laboratorium.Werkstatt im Porgy & Bess geboten wird.

Im Porgy & Bess kommen Perfomances zur Aufführung, die von den Studenten selbst kreiert, komponiert, choreographiert und schließlich aufgeführt werden. Genreübergreifend verschwimmen die einzelnen Kunstrichtungen (Video, Musik, Tanz, Schauspiel, Gesang), es ist beeindruckend, welche Kreativität sich hier entfaltet!

Fidelio-Wettbewerb

http://www.konservatorium-wien.ac.at/studium/fidelio-wettbewerb/

http://www.porgy.at/

 

Großer Applaus für ein seltenes Hörerlebnis

Der zweite Teil des Zyklus RE-SOUND Beethoven fand letzten Sonntag im Niederösterreichischen Landhaus statt. Wie schon in einem Blog-Beitrag erwähnt, haben sich Dirigent Martin Haselböck und die Wiener Akademie vorgenommen, alle Beethoven-Symphonien (die ja alle in Wien uraufgeführt wurden) an Originalschauplätzen mit alten Instrumenten wiedererklingen zu lassen.

Vortrag Klaus Aringer

Vortrag Klaus Aringer

Im prächtigen Landtagssaal, den offensichtlich viele Besucher vorher nicht kannten, gab Klaus Aringer von der KunstUni Graz einen Einführungsvortrag in die Orchestrierung Beethovens, besonders schön, dass das Orchester die Erklärungen gleich akustisch umsetzen konnte.

 

Die Wiener Akademie im Landtagssaal

Die Wiener Akademie im beeindruckenden Landtagssaal

Danach standen die Musik zu einem Ritterballett (hab ich vorher noch nie gehört, ist für Graf Waldstein für eine private Feier komponiert worden und auf jeden Fall sehr kurzweilig), 12 Deutsche Tänze und 2 Arien, gesungen von Wolfgang Bankl, auf dem Programm.

ReSound Beethoven im Niderösterreichischen Landhaus

Die Wiener Akademie und Wolfgang Bankl

Und natürlich das Hauptwerk des Tages, die 1. Symphonie. Dieses Werk wurde im alten Hoftheater uraufgeführt und da es heute nicht mehr existiert, wich man in das Palais in der Herrengasse aus, das zu Beethovens Zeiten einer der wichtigsten Konzertsäle war.

Die Musik klingt hier anders als in den gewohnten Sälen, der Boden vibriert, im Zwerchfell spürt man die Bässe und Pauken … Wenn die Leute vor lauter Begeisterung nicht gleich hineinklatschen würden, sondern zumindest die letzten Töne verhallen lassen könnten, wäre das Hörerlebnis perfekt!

http://www.wienerakademie.at/jart/prj3/wak/main.jart?rel=de&content-id=1395668930992&reserve-mode=active

Privatkonzert der Blues-Legende Abi Wallenstein

Er hat definitiv den Blues! Der „Vater der Hamburger Blues-Szene“ machte Station in Wien und gab im Rahmen eines Geburtstagsfestes ein kleines Privatkonzert. Am Abend trat er dann noch im Jazzland auf, aber soweit ich seinem Tourplan entnehmen kann, ist sonst in nächster Zeit kein Konzert in Österreich geplant. Also auf nach Deutschland!

Blues-Legende Abi Wallenstein   Blues-Legende Abi Wallenstein

http://www.abiwallenstein.de

Max Raabe mit seinem Programm „Übers Meer“

Leider habe ich übersehen, dass Max Raabe letzte Woche in Wien gastierte. Bei einem Blick ins Internet konnte ich jedoch feststellen, dass es ein Programm war, das ich schon vor 2 Jahren im Musikverein gesehen / gehört hatte: „Übers Meer“ mit seinem kongenialen Pianisten Christoph Israel.

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Den Schwerpunkt legt Raabe auf die Melodien und Texte von Fritz Rotter, Robert Gilbert, Walter Jurmann, Austin Egen, Hans May, Walter Reisch und Werner Richard Heymann, die wegen ihrer jüdischen Herkunft emigrieren mussten, oftmals „übers Meer“ in die USA.

Meinem Hang zu sentimentalen Liedern kommt dieses Stück entgegen, das ich jetzt auf auf YouTube gefunden habe: „Lovesong of Tahiti“.

 

„Die Perlenfischer“ im Theater an der Wien

„Die Perlenfischer“ („Les pêcheurs de perles“) ist eine nicht sehr oft gespielte Oper von Georges Bizet, die der Mode der Entstehungszeit folgend an einem exotischen Schauplatz (Ceylon) mit exotischem Personal (Perlenfischer, Tempelpriesterin) eine Liebesgeschichte erzählt.

So viel pure Exotik traute sich die Regisseurin Lotte de Beer heutigem Publikum nicht vorzusetzen und verpackte die Story in eine Überhandlung: Die Realityshow „Perlenfischer“ wird auf der Insel gedreht, der Chor sitzt als Zuschauer vor den Fernsehgeräten in einem eingeblendeten Wohnhaus und verfolgt von dort das Geschehen auf der Bühne bis zum (fast) bitteren Ende. Grundsätzlich eine gute Idee und auch technisch wirklich gut umgesetzt.

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Ich hätte mich aber über eine – freilich entkitschte – normale Version der Oper mehr gefreut. Die wunderschöne Musik, die romantische Handlung, die zarten Momente des Liebespaares reichen für eine moderne Operninszenierung, ohne dass die Handlung und die Bühne überfrachtet und vollgeräumt werden müssen. Der französische Text harmoniert nicht wirklich mit den halbenglischen Fernsehtexten, Diana Damrau hätte in etwas anderem als den Leggings und dem Yogashirt besser gewirkt und ich hatte die ganze Zeit den Eindruck, dass die Oper etwas ins Lächerliche gezogen wird.

Die 4 Hauptakteure (Diana Damrau als Leila, Dmitry Korchak als Nadir, Nathan Gunn als Zurga und Nicolas Testé als Nourabad) singen grandios und spielen sich offenbar mit Freude durch die TV-Show.

Großer Applaus am Ende, zu Recht für die Sänger und anscheinend gefiel das Spiel im Spiel der Mehrheit des Publikums.

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Ich habe eine YouTube-Aufnahme aus dem Konzertsaal von Dmitry Korchak mit der berühmten Arie des Nadir gefunden, im Theater an der Wien sang er sie jedoch ein wenig feiner und inniger:

Empfehlung: 3*

http://www.theater-wien.at/index.php/de/spielplan/production/153434

Sehen wir hier die Maestros von morgen?

Gut möglich, denn gestern konnte ich ein sog. „Kleines Konzert“ der Meisterklasse für Orchesterdirigieren auf der Musikuni Wien besuchen.

Vor allem der junge litauische Dirigent Laurynas Sadauskas überzeugte mit Präsenz und Präzision, auch wenn das Orchester (Pro-Arte Wien) nach stundenlangen Proben schon sehr müde und erschöpft war. Mit dem 1. Satz aus Beethovens 4. Symphonie hatte er als letzter im Programm auch ein schwieriges Stück zu leiten.

Laurynas Sadauskas

Laurynas Sadauskas

Zwei weitere Studenten von Mark Stringer traten davor auf. Der Amerikaner Benjamin Grobman (mit einem Satz aus einer Haydn-Symphonie und dem 1. Satz aus Mozarts Konzert für 2 Klaviere und Orchester Nr. 10) sowie der junge ungarisch-polnische Dirigent Marcell Denes-Worowski, der ein Konzert für Kontrabass und Orchester von Giovanni Bottesini leitete.

Benjamin Grobman

Benjamin Grobman

Marcell Denes-Worowski und die Solistin Anna Mittermeier

Marcell Denes-Worowski und die Solistin Anna Mittermeier

Wir werden ja sehen, wen wir in einigen Jahren auf den großen Konzertbühnen erleben werden!

http://www.mdw.ac.at/musikleitung/?PageId=2586

Riesenapplaus für den jungen russischen Pianisten Daniil Trifonov

2 Konzerte gab der erst 23-jährige Pianist aus Nischi Nowgorod im Konzerthaus in Wien, gemeinsam mit den Wiener Symphonikern unter Gianandrea Noseda. Auf dem Programm stand das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 c-moll op. 18 (1900-1901) von Sergej Rachmaninoff. Was für ein Erlebnis! So einfühlsam, vor allem der 2. Satz, so technisch gefestigt – und so sympathisch uneitel (was man nicht von allen jungen Klaviertalenten sagen kann). Tosender Applaus, und das vollkommen zu Recht. Und wenn ich es richtig verstanden habe, gab es als Zugabe ein von ihm selbst komponiertes Stück, nämlich die Sonate Nr. 1 (3. Satz).

Die Wiener Symphoniker mit Daniil Trifonov

Die Wiener Symphoniker mit Daniil Trifonov

Daniil Trifonov ist Gewinner von 3 großen Klavierwettbewerben: 3. Preis beim internationalen Chopin-Wettbewerb (Warschau 2010), 1. Preis beim Arthur-Rubinstein-Wettbewerb (Tel Aviv 2011) und 1. Preis beim internationalen Tschaikowsky-wettbewerb (Moskai 2011). Ein ganz großes Talent, das hoffentlich bald wieder in Wien Station macht.

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Empfehlung: 4*