Meine ganz persönlichen Kultur-Highlights des Jahres 2016

Viel hat sich getan im gerade noch alten Jahr, über einiges habe ich auch berichtet. Hier noch eine kleine Zusammenfassung meiner ganz persönlichen Highlights des Kulturjahres 2016 (nicht über alle erschien auch ein Beitrag im Blog):

1          Platz 1 nimmt mein Besuch in der Mailänder Scala ein, den ich einem Freund zu verdanken habe. Das perfekte Stück für eine Wienerin in Italien, „Der Rosenkavalier“ unter Zubin Mehta (Regie Harry Kupfer), mit Sitz in der Königsloge und anschließender Feier mit einem Teil des Ensembles.

Highlight 2016

"Der Rosenkavalier"

„Der Rosenkavalier“

 

         Jardin Majorelles und Anima in/bei Marrakesch: Zwei Gärten, ganz verschieden in ihrer Ausrichtung, beide mit wuchernden Pflanzen und knalligen Farben.

Jardin Majorelles von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé

Jardin Majorelles von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé

Im Garten Anima von André Heller

Im Garten Anima von André Heller

 

3          Die Wiederentdeckung Berlins (aus privaten Gründen) mit einer Unzahl an Ausstellungen, Museen, Theatern, Konzerten….

Highlight 2016

 

         Immer wieder: Das Staatsballett unter Manuel Legris, wunderschöne Abende in der Staats- und Volksoper.

Highlight 2016

 

5          Die Aufführung von Beethovens 3. Symphonie „Eroica“ im Eroica-Saal durch die Wiener Akademie: Originalklang-Ensemble am Originalplatz der Uraufführung – was will man mehr?

Die Wiener Akademie

Die Wiener Akademie

Decke im Eroica-Saal

Decke im Eroica-Saal

 

6          Markus Meyer: Der Burgschauspieler konnte in ganz unterschiedlichen Rollen und mit vollem Körpereinsatz überzeugen: in „Coriolan“, „Der eingebildete Kranke“, „Der Diener zweier Herren“, „Ludwig II.“…

©Reinhard Werner

©Reinhard Werner

 

7          „Floating Piers“ von Christo am Lago d‘Iseo– ein Riesenauflauf, aber sehens- und erlebenswert.

Christos "Floating Piers"

Christos „Floating Piers“

 

8          Fondazione Prada in Mailand: weil spannende Kunst in toller Architektur.

Fondazione Prada

Fondazione Prada

 

9          Olafur Eliasson im Winterpalais: „Ein Zauberer mit Licht und Material“ hab ich’s genannt.

Olafur Eliasson im Winterpalais

Olafur Eliasson im Winterpalais

 

10          Eine Aufführung von „Don Giovanni“ in Bratislava: gute Inszenierung, gute Sänger, gute Preise, schnell von Wien aus zu erreichen – einmal etwas anderes.

"Don Gioavanni"

„Don Gioavanni“

Die Oper in Bratislava

Die Oper in Bratislava

Mit diesem Rückblick wünsche ich allen ein wunderbares, friedliches, erfolgreiches, gesundes Jahr 2017 – mit ganz vielen weiteren Kulturhighlights!

Ludwig II. nach dem Film von Luchino Visconti – eine interessante Auseinandersetzung im Akademietheater

Wie Regisseur Bastian Kraft eigentlich auf die Idee gekommen ist, den Visconti-Film von 1972 für die Bühne zu bearbeiten, weiß ich nicht. Auf der Hand liegt es nicht, aber es ist ein wirklich spannender Abend dabei herausgekommen.

v.l.n.r.: Johann Adam Oest, Regina Fritsch, Markus Meyer

v.l.n.r.: Johann Adam Oest, Regina Fritsch, Markus Meyer

Drei Personen bestreiten das Stück: Regina Fritsch als Kaiser Elisabeth, Johann Adam Oest als Richard Wagner und Markus Meyer als Bayernkönig Ludwig II. – und noch in einer Vielzahl weiterer Rollen (angefangen von seiner Mutter über seine Braut bis zu seinem Diener/Liebhaber und dem Priester).

die vielen Gesichter des Markus Meyer ©Reinhard Werner

die vielen Gesichter des Markus Meyer ©Reinhard Werner

Möglich wird das durch Videoeinspielungen und Projektionen, die die Figuren auf der Bühne mit den filmischen Charakteren interagieren lassen.

©Reinhard Werner

©Reinhard Werner

Zu Beginn steht der bayrische König in ganz weißer Kleidung mit langem Mantel da, eine ideale Projektionsfläche für alle und alles. Ähnlich ergeht es seiner Cousine Elisabeth, auch sie in schneeweißem Kleid mit Endlosschleppe. Ein weiterer Kunstgriff wird damit möglich, nämlich die Abbildung der anderen von  Meyer verkörperten Personen auf die weißen Stoffflächen am Boden.

Im Laufe der Zeit leidet die weiße Kleidung unter Ludwigs mittlerweile schmutzigen Händen, auch Elisabeth bekommt davon etwas ab. Solange, bis er am Ende alle Kleider ablegt und langsam ins Wasser steigt, in dem er den Tod finden wird.

©Reinhard Werner

Elisabeth und Ludwig ©Reinhard Werner

An der schauspielerischen Leistung aller drei gibt es gar nichts auszusetzen, doch Markus Meyer ist mit seiner Verwandlungskunst (mit Unterstützung der Maskenbildnerin) der eindeutige Star des Abends. Unglaublich, wie er nicht nur sein Aussehen, sondern Stimme und Persönlichkeit verändert!

Ich glaube, der Abend hätte auch als Theaterstück über Ludwig II. funktioniert, ohne die Hinweise auf die Filmproduktion von Luchino Visconti. So ist eine weitere Vexierbene eingefügt, die sich mir nicht ganz erschließt.

Wie auch immer: Das Stück ist jedenfalls sehenswert, die Schauspieler grandios und die viele Technik richtig eingesetzt. Und ein Anlass, wieder einmal die Film-Vorlage mit Helmut Berger als Bayernkönig anzuschauen.

Empfehlung: 4*

http://www.burgtheater.at/Content.Node2/home/spielplan/event_detailansicht.at.php?eventid=967355581

https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_II._(Bayern)

https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_II._(1972)

Märchenhaft – und ein absoluter Geheimtipp: Richard Teschners Figurentheater im Wiener Theatermuseum

Vielen Leuten ist das zauberhafte Figurentheater Richard Teschners leider unbekannt und das ist wirklich schade.

Blick auf die "Theaterbühne" © Theatermuseum

Blick auf die „Theaterbühne“ © Theatermuseum

Backstage mit voller Lichttechnik

Backstage mit voller Lichttechnik

Richard Teschner, ein Allround-Künstler des Jugendstils und des Art Décos, machte auf seiner Hochzeitsreise in Fernost Bekanntschaft mit indonesischen Stabpuppen und begann in Wien mit der Entwicklung eigener Figuren. Das erste Stück dieser Art wurde im Jahr 1913 uraufgeführt.

"Prinzessin" und "Buddha"

„Prinzessin“ und „Buddha“

Im Laufe der Zeit entstanden weitere Stücke und neue Figuren, vor allem aber verfeinerte Teschner die Mechanik der Puppen, indem zu den Stäben auch Fäden durch die Glieder eingezogen wurden, die zusätzliche Bewegungen erlaubten.

Mit einem nachgebauten "Zipizip" kann man es selbst probieren...

Mit einem nachgebauten „Zipizip“ kann man es selbst probieren…

Schließlich ergab sich ein wahres Gesamtkunstwerk, denn Teschner ließ eine spezielle Bühne bauen, eine Art Hohlspiegel, durch die sich wunderbare Lichteffekte erzeugen lassen. Das Licht, die Hintergrundbilder, die Musik, die kostbaren Kostüme  und die komplette Technik hinter der Bühne sowie die Inhalte der Stücke entsprangen Teschners Phantasie.

Die Textilrestauratorin Angela Sixt, die die Hauptverantwortliche für die Teschner-Figuren im Museum ist.

Die Textilrestauratorin Angela Sixt, die die Hauptverantwortliche für die Teschner-Figuren im Museum ist.

Die Originalbühne mitsamt Technik und ein Großteil der Figuren (mitsamt der Aufbewahrungsschränke) werden heute im Theatermuseum am Lobkowitzplatz in Wien erhalten, renoviert – und bespielt.

Die Musik wird über ein extra hergestelltes Polyphon widergegeben.

Die Musik wird über ein extra hergestelltes Polyphon widergegeben.

Denn vor Weihnachten gibt es die seltene Gelegenheit, die Stücke zu sehen und zu erleben. Die Kunst der Puppenführung wurde über Teschners Assistentin weitergegeben und wird heute von Thomas Ettl und seinem Team gepflegt.

Der "Sonnentänzer"

Der „Sonnentänzer“

Als Zuschauer wird man in eine märchenhafte exotische Welt entführt, jede Hektik bleibt draußen, wenn sich die feinen Puppen zu trancehafter Musik bewegen.

Im Aufbewahrungsschrank

Im Aufbewahrungsschrank

Es ist wirklich eine ganz besondere Art des Puppentheaters und ich würde mir wünschen, dass ein größeres Publikum die Möglichkeit eines Besuches nutzt.

Baupläne

Baupläne

Heuer steht noch das „Weihnachtsspiel“ auf dem Programm, und zwar am 12.12., 15.12., 21.12., 22.12. und 23.12., jeweils um 19 Uhr (telefonische Vorreservierung empfohlen!).

Empfehlung: 4*

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Teschner

http://www.theatermuseum.at/vor-dem-vorhang/ausstellungen/teschners-figurenspiegel/

http://www.theatermuseum.at/nocache/kalender/

Neues aus Berlin, Teil 2. Die Berliner Luft hat’s in sich: „Frau Luna“ im Tipi am Kanzleramt

Vorgeschichte: Der Berliner Komponist Paul Lincke wurde vor 150 Jahren geboren – Anlass, seine bekannteste Operette „Frau Luna“ (Uraufführung 1899) in seiner Heimatstadt auf die Bühne zu bringen. Und wie!!!

Frau Luna

Keine Angst, hier rinnt kein Operettenschmalz, vielmehr kann man im Tipi am Kanzleramt eine Revue mit schmissigen Musiknummern, witzigen Dialogen und Tanznummern und glitzernden Kostümen erleben. War die wirklich entzückende Inszenierung vor einigen Jahren in der Wiener Volksoper tatsächlich eine Operette, hatte man in Berlin nun etwas ganz anderes im Sinn.

Prächtige Kostüme

Prächtige Kostüme

Die Geschichte ist schnell erzählt: Der Erfinder Fritz Steppke startet mit zwei Freunden und seiner Vermieterin Frau Pusebach ins Weltall, um den Mann im Mond kennenzulernen. Der Mann stellt sich jedoch als Frau Luna heraus, und so kommt es am Mond zu diversen amourösen Verwicklungen, bis sich am Ende – logischerweise – alle in den richtigen Paarungen zusammenfinden.

Frau Luna

Unter der Regie von Bernd Mottl treffen sich die Stars der Berliner Kleinkunstszene: Allen voran das als „Geschwister Pfister“ bekannte Trio Andreja Schneider (Frau Luna), Tobias Bonn (Haushofmeister auf dem Mond) und Christoph Marti (Frau Pusebach!), aber auch Pigor & Eichhorn (Steppke und sein Freund), Gustav Peter Wöhler (Prinz Sternschnuppe), Ades Zabel (Mondgroom) und Annamateur (Stella).  Die Besetzungsliste hält, was sie verspricht.

Frau Luna

Es glitzert und funkelt, auf der Bühne, neben der Bühne, auf den Kostümen – und in den begeisterten Gesichtern der Zuschauer. Der größte Hit aus dem Stück ist natürlich „Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft….“, dazu wird mitgesungen und -geklatscht, die Stimmung ist großartig. Und wenn Cora Frost als Venus sexy „Glühwürmchen, Glühwürmchen“ anstimmt (ist eigentlich aus „Lysistrata“), ist endgültig von Operettenkitsch keine Spur da.

Dazu das 12-köpfige Orchester unter Johannes Roloff, das flott und schwungvoll die Hits von Paul Lincke ins Jahr 2016 transportiert.

Frau Luna

Frau Luna

Der Jubel war groß, die Kritiken überschwänglich und es ist anzunehmen, dass diese Produktion wieder das Zeug zu einer legendären Inszenierung hat, so wie vor 22 Jahren am selben Ort „Im Weißen Rößl am Wolfgangsee“ in die Annalen eingegangen ist.

Die Produktion ist zu aufwendig, um auf Tournee zu gehen, daher ab nach Berlin! Und ich weiß, dass die Fangemeinde v.a. der „Geschwister Pfister“ in Wien sehr groß ist und sich das nicht entgehen lassen sollte!

Wie passend: der Super-Vollmond über Berlin-Tiergarten

Wie passend: der Super-Vollmond über Berlin-Tiergarten

Ort: Im Tipi am Kanzleramt, einem großen Theaterzelt im Berliner Tiergarten. noch bis Ende Jänner 2017.

Empfehlung: 4*

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Frau_Luna

https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Lincke

http://www.tipi-am-kanzleramt.de/

http://www.operetten-lexikon.info/?menu=217

http://geschwister-pfister.de/hp/

Goodbye, Leonard Cohen

“And I’ll dance with you in Vienna,
I’ll be wearing a river’s disguise.
The hyacinth wild on my shoulder
my mouth on the dew of your thighs.
And I’ll bury my soul in a scrapbook,
with the photographs there and the moss.
And I’ll yield to the flood of your beauty,
my cheap violin and my cross.”

(„Take This Waltz“ 1986)

2 Mal Hieronmyus Bosch: Einmal Ja und einmal Jein

Heuer jährt sich der Todestag des niederländischen Malers Hieronymus Bosch zum 500. Mal – Anlass für 2 unterschiedliche Herangehensweisen an sein Werk.

Bosch

Basilisk (aus Fischteilen, um 1600)

Basilisk (aus Fischteilen, um 1600. Wien, NHM)

Zunächst einmal hat letzte Woche in der Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste in Wien die kleine, aber feine Ausstellung „Natur auf Abwegen? Mischwesen, Gnome und Monster (nicht nur) bei Hieronymus Bosch“  aufgemacht. Die Akademie besitzt ja mit dem Triptychon des „Jüngsten Gerichts“ eines der Hauptwerke des Malers.

Hydra (italienisch, ca. 1460, Wien, KHM)

Hydra (italienisch, ca. 1460, Wien, KHM)

Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass alles zu diesen drei Tafeln führt, deren Vielschichtigkeit und Details eine stundenlange Betrachtung ermöglichen. Die grotesken Figuren und Monster, Misch- und  Fabelwesen, die das „Jüngste Gericht“ bevölkern, bilden den inhaltlichen Rahmen. Fünf Schwerpunkte zeigen interessante Vorläufer, Gleichzeitigkeiten und die lange Nachwirkung einiger dieser Wesen: Das Fremde ist ein Monster, Träume werden wahr, Literarische Monster, Drachen in bester Gesellschaft und Todsünden und Monster.

Mischwesen mit Pfeil und Bogen (in: François Rabelais, Pantagruel 1565)

Mischwesen mit Pfeil und Bogen (in: François Rabelais, Pantagruel 1565)

Die Umstände waren offenbar nicht einfach, die im Vorfeld die Arbeit an der Ausstellung erschwerten und auch zu einer Verschiebung der geplanten Eröffnung erst in den November führten. Wie gesagt, es handelt sich um eine kleine Schau, die aber unbedingt sehenswert ist – und in das „Jüngste Gericht“ kann man sich sowieso immer wieder vertiefen.

Hieronymus Bosch, Das Jüngste Gericht (Wien, Galerie der Akademie der Bildenden Künste, zw. 1504 und 1508)

Hieronymus Bosch, Das Jüngste Gericht (Wien, Galerie der Akademie der Bildenden Künste, zw. 1504 und 1508)

Die Ausstellung ist bis 29.01.2017 geöffnet (Montag  = Schließtag in der Galerie der Akademie am Schillerplatz), Begleitprogramm beachten!

Empfehlung: 4*

 

Voller Erwartung machte ich mich auch in Berlin auf, um die multimedialen Installationen „Hieronymus Bosch. Visions Alive“ zu besuchen. Und hier kommt das Naja. Die Homepage verspricht, „In den Räumen der Ausstellung „HIERONYMUS BOSCH. Visions Alive“ bemühten sich die Organisatoren, sämtliche vorhandenen Informationen über das Leben und die Kunststücke von Bosch zu sammeln“, doch eigentlich reduziert sich die Information auf eine Zeitleiste im ersten Raum.

Bosch

Bosch

Für die Projektionen wurde ein Werk herausgenommen, „Der Garten der Lüste“, ebenfalls ein Triptychon,  das sich heute im Prado befindet. Auch hier wimmelt es von seltsamen Figuren, die noch seltsamere Tätigkeiten ausführen (die Gegenüberstellung zum „Jüngsten Gericht“ in Wien ist eine stete Diskussion unter Kunsthistorikern). Einige Details können hier so groß gezoomt aus der Nähe angeschaut werden, Terminals geben durchaus informative Auskünfte zu den einzelnen Abschnitten des Gemäldes.

Bosch

Schließlich warten Sitzsäcke darauf, dass die Besucher Platz nehmen und die skurrilen Bilder, untermalt vom passenden Soundtrack, auf sich wirken lassen. Entwickelt wurde das Format von Artplay Media, ein Unternehmen, das sich auf multimediale Ausstellungsprojekte spezialisiert hat.

Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste (Madrid, Prado, zw. 1490 und 1500)

Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste (Madrid, Prado, zw. 1490 und 1500)

Durchaus inspirierend, aber mit einem Eintrittspreis von EUR 12,50 und einer Verweildauer von ca. 30 Minuten ein viel zu teurer Spaß.

Bis 31.01.2017 in der Alten Münze in Berlin.

Empfehlung: 2*

https://de.wikipedia.org/wiki/Hieronymus_Bosch

http://www.akademiegalerie.at/de/Aktuell/Ausstellungen/

http://www.boschalive.com/de/main-de

https://de.wikipedia.org/wiki/Weltgerichtstriptychon

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Garten_der_L%C3%BCste_(Bosch)

Schon lustig: Goldonis „Diener zweier Herren“

Ein Verwechslungsstück, in dem totgeglaubte Herren eigentlich Frauen sind, Verwicklungen um Liebespaare, Schuldscheine und heiße Suppen –  „Diener zweier Herren“ vom Venezianer Carlo Goldoni (Uraufführung 1746) ist eine höchst amüsante Komödie, die sich im Burgtheater rasant im Kreise dreht.

Peter Simonischek als Panatlone sieht mit den falschen Zähnen wie in seinem Kinohit "Toni Erdmann" aus, daneben Andrea Wenzl (Beatrice, verkleidet als ihr toter Bruder)

Peter Simonischek als Pantalone sieht mit falschen Zähnen wie in seinem Kinohit „Toni Erdmann“, daneben Andrea Wenzl (Beatrice, verkleidet als ihr toter Bruder)

Mithilfe der Drehbühne wechseln rasch die Schauplätze, zwischen denen Truffaldino, der aus Geldnot bei zwei Herren im Dienst steht, hin und her zischt. In bester Commedia dell’Arte-Manier steigert sich das Tempo im Laufe des Abends, viel (manchmal fast zuviel) Slapstick erfreut das Publikum und die Schauspieler haben sichtlich auch ihren Spaß.

Verwechslungen ...

Verwechslungen …

... bis sich natürlich alles in Wohlgefallen auflöst.

… bis sich natürlich alles in Wohlgefallen auflöst.

Alles in allem ein lustiger Theaterbesuch, wenn man sich unterhalten möchte und keine Lust auf tiefschürfende Problemstücke hat.

Diener zweier Herren

Empfehlung: 2*

http://www.burgtheater.at/Content.Node2/home/spielplan/event_detailansicht.at.php?eventid=966124020

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Diener_zweier_Herren

Shunga – Erotische Kunst aus Japan im Wiener MAK (Museum für Angewandte Kunst)

Zunächst der Text des Museums, denn da ich mich bei japanischer Kunst kaum auskenne, kann ich inhaltlich nicht viel beitragen:

Kitagawa Utamaro (1753–1806), Sommerabend, 1799. Aus dem Album Negai no itoguchi [Erwachen der Begierde]. Farbholzschnitt © Leopold Privatsammlung, Wien; Foto: MAK/Georg Mayer

Kitagawa Utamaro (1753–1806), Sommerabend, 1799. Aus dem Album Negai no itoguchi [Erwachen der Begierde]. Farbholzschnitt
© Leopold Privatsammlung, Wien; Foto: MAK/Georg Mayer

„Shun-ga“, Frühlingsbilder, sind in Ostasien seit Langem verbreitet. Sie zeugen von einer anderen Einstellung zu Sexualität und Erotik, als sie uns in Europa anerzogen wurde und sind den „ukiyo-e“, Bildern der fließenden Welt, zugeordnet. Fast alle großen Ukiyo-e-Künstler haben erotische Bilder geschaffen. Diese waren zwar von der Regierung verboten, wurden jedoch unter der Hand unsigniert verkauft und machten Schätzungen zufolge bis zu 50 Prozent der Ukiyo-e-Produktion aus.

Erst seit kurzer Zeit beschäftigen sich Kunst- und Sozialgeschichte mit einem gesamtheitlichen Bild der Themen des japanischen Massenmediums Ukiyo-e. Westliche BesucherInnen im Japan des späten 19. Jahrhunderts waren über den scheinbar unbekümmerten Umgang mit Nacktheit und Sexualität überrascht. Tatsächlich vermitteln auch die Farbholzschnitte immer noch diesen Eindruck.

Bildrolle mit erotischen Szenen (2. Hälfte 17. Jahrhundert)

Bildrolle mit erotischen Szenen (2. Hälfte 17. Jahrhundert)

In Europa ist Sexualität seit der Antike heroisch und religiös verbrämt, sehr oft auf den nackten weiblichen Körper konzentriert: „Der Maler und sein Modell“ ist das typische Bild europäischer erotischer Kunst. Im Gegensatz dazu stehen von Indien bis Japan stets die Vereinigung von zwei Menschen und der spielerische Umgang mit der Geschlechtlichkeit im Mittelpunkt. Religion, Philosophie oder Medizin dienen dabei oftmals als Metapher. Wichtig scheinen stets das Einvernehmen der Beteiligten und das Fehlen von Gewalt, die nur selten thematisiert wird. Hinzu kommt häufig eine Prise Humor, die durch unterhaltsame Dialoge unterstützt wird. Die Grenzen zwischen erotischer Kunst und Pornografie können oft nur undeutlich gezogen werden. So fanden Drucke erotischer Inhalte lange keine Aufnahme in die Sammlungen westlicher Museen. Shunga kamen im Ausstellungsbetrieb bis vor Kurzem kaum vor. (Text: MAK)

Suzuki Harunobu (ca. 1725–1770, zugeschrieben), Belauschtes Liebespaar, um 1770. Farbholzschnitt © Leopold Privatsammlung, Wien; Foto: MAK/Georg M

Suzuki Harunobu (ca. 1725–1770, zugeschrieben), Belauschtes Liebespaar, um 1770. Farbholzschnitt
© Leopold Privatsammlung, Wien; Foto: MAK/Georg M

Obwohl nur ein Raum im Untergeschoß die Ausstellung beherbergt, ist doch eine Fülle an Material zu sehen. Und das ist – für Laien – wahrscheinlich auch das Problem: Denn ich tue mir etwas schwer, stilistische Unterschiede dieser Buchzeichnungen und Holzschnitte über die Jahrhunderte auszumachen. Neben expliziten sexuellen Darstellungen finden sich auch ganze Reihen von weiblichen Ansichten, wo Erotik sehr subtil gezeigt wird. Ob Kunst oder Pornographie (oder beides zugleich?) – das liegt wohl im Auge des Betrachters.

MAK

Wie ein Comic ...

Wie ein Comic …

Und doch hatte ich bald das Gefühl, viel vom immer Gleichen anzuschauen.

Wahrscheinlich ist es, außer für ausgewiesene Asienspezialisten, ratsam, sich einer Führung anzuvertrauen.

Tipp: Seit Mai ist die Asien-Schausammlung im Erdgeschoß neu aufgebaut – sehr gelungen, wie ich meine. Ein kurzer Abstecher ergänzt perfekt den Besuch der Shunga-Ausstellung.

Die Asien-Schausammlung

Die Asien-Schausammlung

China - Japan - Korea

China – Japan – Korea

Die Ausstellung ist bis 29.01.2017 zu besuchen, wie immer jeden Dienstag zwischen 18:00 und 22:00 Uhr bei freiem Eintritt ins ganze Museum.

Empfehlung: 2*

http://www.mak.at/shunga

https://de.wikipedia.org/wiki/Shunga

https://de.wikipedia.org/wiki/Ukiyo-e

http://www.mak.at/schausammlung_asien_1

Karrierechancen für Musiklehrer? Camerata Salzburg beeindruckt positiv

von Florian Glatt

Nach dem Saisonstart im Konzerthaus war nun also wieder mehr Klassik auf dem Spielplan. Neville Marriner hat „seiner“ Camerata nicht nur das Rüstzeug für das breite Spectrum mitgegeben, das programmiert war (Wagner, Beethoven und Mendelssohn-Bartholdy), sondern dem Orchester eine Dynamik mitgegeben, die vor allem akustisch zu spüren war. Die Camerata hat eine glanzvolle Leistung gebracht: feinste Nuancen und eine heute einzigartige Dramatik.

Leider wurde diese gestört. Rubinstein meinte einmal: “Anywhere in the world, people who have the flu go to the doctor. In Tel Aviv, they come to my concerts.“ Allerdings waren diesmal weniger die omnipräsent schnupfenden und hustenden Besucher. Dirigent Teodor Currentzis pflegt nicht nur Einsätze durch weit in das Publikum hinein hörbares Schnaufen zu geben, er nimmt auch die Spannung heraus, indem er vor dramatischen Höhepunkten mitsteppt – vielleicht wäre ein Teppich eine gute Lösung. Ein Glück, dass der Musiklehrer für Volksschüler nicht noch mitklatscht und mitpfeift.

Teodor Currentzis © Anton Zavjyalov

Teodor Currentzis © Anton Zavjyalov

Auch die Zugabe erfüllte hauptsächlich das Bedürfnis des „eitlen Geck“, wie er an anderer Stelle schon treffend bezeichnet wurde, sich in den Mittelpunkt zu drängen. Das ist nur nicht die Aufgabe des Dirigenten. Wenn dieser das Bedürfnis hat im Mittelpunkt zu stehen, so ist das mit seiner Position am Pult bereits erfüllt. Ansonsten hat er zu ermöglichen, dass sich Musiker entfalten können und dass das Publikum den Abend genießen kann. Ersteres schafft er angeblich. Bei letzterem scheitert er kläglichst: der Genuss klassischer Orchestermusik auf allerhöchstem Niveau, wie die Camerata ihn bietet wird durch das Stören des Dirigenten verunmöglicht. Vielleicht sollte er doch Musiklehrer werden. In Österreich kann man diese ja auch an anderen Positionen einsetzen in denen das Klopfen und Trommeln weniger stören.

Nachtrag: am zweiten Abend tritt der Dirigent in Socken auf und bekommt einen Teppich…

Zusätzliche Gewürze für die MischMasch-Suppe

Ab jetzt werde ich auch manchmal Besprechungen und Gedanken von anderen veröffentlichen – und damit heute gleich beginnen. Die Beiträge müssen natürlich nicht mit meiner Meinung übereinstimmen, sie sind auch extra gekennzeichnet. Und sollen in jedem Fall zu Diskussionen anregen …

Den Anfang macht Florian Glatt, der – wie ich – Laie im Musikbusiness ist, aber durch jahrelange Opern- und Konzertbesuche sehr wohl in der Lage, sich eine eigene qualifizierte Meinung zum Kulturbetrieb zu bilden.