Wettbewerb: Redesign the Burning Man City Plan

Seit 1997 gibt es einen Plan, wie das Festival „Burning Man“ in der Wüste von Nevada  aufgebaut wird, um die mittlerweile rund 70.000 Teilnehmer zu organisieren.

Burning Man

Nun wurde ein Wettbewerb für neue „Stadtstrukturen“ ausgerufen. Abgabetermin: 31.12.2015.

Das Festival findet heuer von 30.08. bis 07.09. statt.

Weitere Infos: http://www.archdaily.com/771869/open-call-redesign-the-plan-of-burning-man?utm_campaign=trueAnthem:+Trending+Content&utm_content=55d1280c04d30134e5000001&utm_medium=trueAnthem&utm_source=facebook

http://brcmup.org/

http://burningman.org/event/

http://www.festivalmag.com/festivals/burning-man/

 

 

 

Der Nötscher Kreis – österreichische Moderne im unteren Gailtal

Die Künstlervereinigung „Nötscher Kreis“, die sich in Wien bzw. einem entlegen Winkel Kärntens Anfang des 20. Jahrhunderts gebildet hat, ist ein höchst interessantes Phänomen in der österreichischen Kunstgeschichte. Nötsch, ein kleiner Ort am Fuße des Dobratsch, war die Heimat von Sebastian Isepp (1884-1954) und Franz Wiegele (1887-1944). Dazu kamen noch Anton Kolig (1886-1950) aus Mähren und schließlich Anton Mahringer (1902-1974) aus Schwaben.

Mein Lieblingsbild der Ausstellung: Sebastian Isepp,

Mein Lieblingsbild der Ausstellung: Sebastian Isepp, Verschneiter Wald im Gailtal, 1913

In Wien lernten Wiegele und Isepp an der Akademie Anton Kolig kennen und knüpften Kontakte zu den hier tätigen Künstlern der Moderne. Wichtige Impulse steuerten Auslandsaufenthalte bei, bis der Erste Weltkrieg Kriegsdienst und Gefangenschaft brachte.

Anton Kolig,

Franz Wiegele, Familienbild Wiegele, 1932

Anton Kolig

Franz Wiegele, Studie zum Familienbild, 1932

Die Zwischenkriegszeit gilt als besonders produktiv, große Werke wie die Fresken im Kärntner Landhaus und im Wiener Krematorium (Kolig) und Auftrags-Porträts entstanden. Mahringer, als ein Schüler Koligs, stieß Ende der 20er-Jahre dazu und übersiedelte auch nach Nötsch.

Anton Kolig

Anton Kolig, Sensenmann, 1924

Anton Kolig

Anton Kolig, Entwurf für ein Wandbild im Wiener Krematorium, 1923

Die Nazi-Herrschaft bedeutete die Emigration von Isepp mit seiner jüdischen Frau nach England und die Vernichtung der Fresken im Landhaus. Bei einem Bombenabwurf der Alliierten kam Franz Wiegele mit einem Teil seiner Familie ums Leben, Kolig und seine Frau wurden schwer verletzt.

Anton Mahringer

Anton Mahringer, Waldwiese mit Oisternig, 1945

Anton Mahringer

Anton Mahringer, Waldrand, 1944

In Wiegeles Geburtshaus, wo heute neben der „Bäckerei Wiegele“ (sehr gut!) das Museum des Nötscher Kreises untergebracht ist, finden jährliche Sonderausstellungen statt. Bis 1. November zeigt die heurige Ausstellung „Wege zum Bild“, wie sich die vier Künstler auf unterschiedliche Art der Entstehung eines Gemäldes genähert haben. Jeder Raum ist einem der Maler gewidmet – eine wirklich spannende Herangehensweise an das Thema.

Franz Wiegele

Franz Wiegele, Porträt Mario Fina mit Auerhahn, 1935

Franz Wiegele

Franz Wiegele, Handstudie mit Auerhahn, 1935

Dieses kleine, sehr ambitioniert geführte Museum liegt nicht direkt am Weg bzw. neben der Autobahn, ist aber allemal einen Besuch wert. Ein paar Schritte entfernt entdeckt man bei der Pfarrkirche in Saak auch noch ein Monumentalfresko sowie ein Mosaik von Kolig.

Sebastian Isepp

Sebastian Isepp, Blühender Baum, 1910

Empfehlung: 3*

http://www.noetscherkreis.at/

http://www.wiegelehaus.at/

https://www.belvedere.at/de/forschung/online-ressourcen/noetscher-kreis

It’s too darn hot!

Leider geht im Moment nicht mehr, aber diese Tanzszene ist auf jeden Fall sehenswert (Ann Miller, „Too Darn Hot“ aus dem Film „Kiss Me Kate“, 1953, Musik und Text von Cole Porter, Regie George Sidney):

Eine kleine Kunstsammlung zum Internationalen Tag des Kusses (06.07.2015)

Teatro Barocco – ein barockes Gesamtkunstwerk im Stift Altenburg

Das Benediktinerkloster Altenburg im niederösterreichischen Waldviertel hat sich in den letzten Jahren einiges einfallen lassen, um Besucher anzulocken: von den vielfältigen, gerade jetzt wunderschön blühenden Gärten bis zu den zeitgemäßen Architekturinterventionen (Jabornegg & Pálffy), von spannenden Ausstellungen bis zum musikalischen Programm.

Teatro Barocco    Teatro Barocco

Heuer bereits in der vierten Saison zeigt „Teatro Barocco“, dass es die perfekte Ergänzung für diesen Ort ist. Intendant Bernd Bienert gräbt jedes Jahr vergessene Stücke aus dem 18. Jahrhundert aus, die in barocker Aufführungstradition in der Bibliothek in Szene gesetzt werden. Und hier stimmt dann wirklich alles, denn Bienert ist ein Visionär und Perfektionist, der besonderen Wert auf die Kostüme, die Gestik, die alten Instrumente legt. Die Stiftsbibliothek ist für sich ein einmaliges Ganzes mit den Fresken von Paul Troger und bildet den idealen Rahmen für die (original nachgebaute) Barockbühne.

Teatro Barocco

Zwei Stücke stehen auf dem Programm, das Melodram „Medea“ von Georg Anton Benda und die lustige Verwechslungsoper „Lo Speziale“ („Der Apotheker“) von Joseph Haydn nach einem Libretto von Carlo Goldoni. Beide sehr unterschiedlich und auf ihre eigene Art reizvoll: „Medea“, das Rachestück, das der Hauptdarstellerin Kira von Zierotin einiges abverlangt, und „Lo Speziale“, ein Verwirrspiel in bester Opera buffa-Manier. Großer Applaus für alle Beteiligten und den Regisseur und Intendanten Bienert!

Medea (Kira von Zierotin) © Barbara Pálffy

Medea (Kira von Zierotin) © Barbara Pálffy

Lo Speziale (Peter Widholz, Barbara Angermaier) © Barbara Pálffy

Lo Speziale (Peter Widholz, Barbara Angermaier) © Barbara Pálffy

Einige Tipps:
• Ein Bus führt die Besucher bequem von der Staatsoper nach Altenburg und nach der Vorstellung wieder zurück. Der Fahrplan ist auf die ug. Aktivitäten abgestimmt.
• Mit dem Opernticket kann auch das Stift im Rahmen einer Führung besichtigt werden, ebenso die Gärten.
• Unbedingt den Einführungsvortrag besuchen (ist im Preis in begriffen) – so versteht man die barocke Aufführungstradition viel besser!
• In der Bibliothek kann es kühl werden, also auch bei sommerlicher Hitze eine Jacke mitnehmen.

Weitere Vorstellungen: 03., 04., 11., 12., 17., 18., 24., 25. und 26.07.2015, jeweils um 19:30.

Empfehlung: 4*

http://www.stift-altenburg.at/

https://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Altenburg

http://www.teatrobarocco.com/

2 Mal „Rigoletto“!

Rigoletto  Rigoletto

Ich kann hier von zwei völlig unterschiedlichen „Rigoletto“-Aufführungen berichten, die auch gar nicht vergleichbar sind.

Gilda (Ekaterina Siurina) in ihrer "Gefängnis-Box"

Gilda (Ekaterina Siurina) in ihrer „Gefängnis-Box“

Zunächst in der Wiener Staatsoper, wo nach der etwas unglücklichen Premiere im Dezember nun andere Sänger und ein anderer Dirigent agieren. Giovanni Meoni als buckliger Hofnarr Rigoletto ist Einspringer, gefällt mir aber stimmlich sehr gut, ebenso Ekaterina Siurina als Gilda. Erschrocken war ich jedoch, als Saimir Pirgu als Herzog von Mantua zu singen begann. Oft konnte man ihn neben dem sehr schön und gar nicht laut spielendem Orchester (unter Evelino Pidò) kaum hören, die zeitweise gepresste Stimme erinnerte mich an Karel Gott. Nach der ersten Pause wurde es merkbar besser und blieb dann auch so, aber im ersten Akt war er zum Vergessen.

Gilda (Ekaterina Siurina ) und Rigoletto (Giovanni Meoni ) in der Schluss-Szene

Gilda (Ekaterina Siurina ) und Rigoletto (Giovanni Meoni ) in der Schluss-Szene

Dürre, blattlose Bäume auf der Bühne verheißen nichts Gutes, die Lichtregie ist auf jeden Fall wieder hervorzuheben; dazu nette, aber recht konventionelle Kostüme. Alles in allem eine ordentliche Aufführung, ohne jedoch ganz große Höhepunkte.

Tolle Lichteffekte

Tolle Lichteffekte

Die nächsten Aufführungen vor dem Sommer:
26. und 30.06.2015 und im Herbst:
04., 07., 10., 13.09.2015, danach erst wieder im Jänner 2016.

20150623_214640  Rigoletto

 

Wer hingegen einen ziemlich schrägen Abend erleben möchte, dem sei ein Besuch im L.E.O. (Letztes erfreuliches Operntheater) empfohlen. In einer ehemaligen Dampfbäckerei im 3. Wiener Bezirk ist das Theater von Prinzipal Stefan Fleischhacker untergebracht.

Rigoletto Rigoletto

Das relativ kleine Ensemble ist mit viel Enthusiasmus und Spaß bei der Sache. Die Aufführungen kommen ohne großes Orchester aus (eine Klavierspielerin reicht völlig) und die Zuschauer müssen manchmal als Chor einspringen. Eigentlich werden nur die Arien gesungen, die Handlung dazwischen wird erzählt. Eine Oper wie „Rigoletto“, wo ein Gassenhauer nach dem nächsten kommt, eignet sich dazu natürlich besonders gut. Im Spielplan steht diese Oper in nächster Zeit zwar nicht mehr, aber wahrscheinlich ist jedes andere Stück genauso unterhaltsam.

Besonders exklusiv sitzt man in der Loge inkl. Sekt

Besonders exklusiv sitzt man in der Loge inkl. Sekt

http://www.wiener-staatsoper.at/Content.Node/home/spielplan/Spielplandetail.php?eventid=961242419

http://www.theaterleo.at/

Kulturmischmasch wünscht einen schönen Sommerbeginn! Genießt den längsten Tag des Jahres!

Giuseppe Arcimboldo, Sommer 1563 (KHM Wien)

Giuseppe Arcimboldo, Sommer 1563 (KHM Wien)

Les Très Riches Heures du Duc de Berry, 1485 bis 1489, Juni (Museé Condé)

Les Très Riches Heures du Duc de Berry, 1485 bis 1489, Juni (Museé Condé)

… und Musik für gute Stimmung:

 

Garantiertes Urlaubsfeeling! Die Ausstellung „Kroatische Inseln. Baukultur über Jahrhunderte“ im Ringturm

Seit gestern präsentiert sich der Ringturm zum 60-Jahr-Jubiläum mit der neuen Verhüllung – diese Saison von der kroatischen Künstlerin Tanja Deman gestaltet. Der Titel „Sommerfreuden“ ist Programm, innen wie außen. Außen wird der Blick auf einen Riesenpool gelenkt, in dem lustiges Treiben herrscht. Gefällt mir in der realitätsnahen Darstellung eigentlich weniger, ich finde in dieser Dimension Abstraktes schöner.

Ringturmverhüllung 2015  Ringturmverhüllung 2015 von Tanja Deman

Es geht aber innen auch mit einer Ausstellung weiter, die bei mir dann wirklich Sehnsucht nach heißen Sommertagen und dem klaren Wasser Kroatiens weckt.

Kroatische Inseln

Von den ca. 1.200 Inseln vor der kroatischen Küste sind nur knapp 70 bewohnt, das allerdings schon seit Jahrhunderten bzw. Jahrtausenden. Vom antiken Griechenland über Byzanz, von Venedig über die k.u.k. Monarchie finden sich die architektonischen Spuren.

Spätantiker Palast auf Mljet

Spätantiker Palast auf Mljet (5.-6. Jh.)

Die Ausstellung ist klar chronologisch gegliedert, die einzelnen Bauwerke sehr gut beschrieben und mit Bildern, Grundrissen, Ansichten und Lageplänen versehen.

In einem erzkatholischen Land wie Kroatien kommt den Sakralbauten natürlich eine besondere Bedeutung zu, zu sehen an mittelalterlichen Kirchen und Klöstern, die in traumhafte Landschaften gebaut wurden.

Benediktinerkloster und Kirche der Hl. Maria auf Mljet

Benediktinerkloster und Kirche der Hl. Maria auf Mljet (12.-17.Jh.)

Festungskirche auf Hvar

Festungskirche auf Hvar (1587)

Venezianische Paläste und Loggien weisen auf die jahrhundertelange Besetzung vieler Inseln durch die Seerepublik Venedig hin.

Dem beginnenden Tourismus und der Idee der Sommerfrische im 19. Jahrhunderte sind einige Projekte gewidmet. Besonders interessant finde ich hier das Grand Hotel auf Lopud aus den 30er-Jahren von Architekt Nikola Dobrović, der erstmals die moderne Architektursprache nach Dalmatien brachte.
Der Bogen spannt sich weiter über die Architektur der Tito-Ära bis zu aktuellen Bauvorhaben wie das Haus TV von Matija Bevk und Vasna Perović auf Silba.

Grand Hotel auf Lopud

Grand Hotel auf Lopud (1933-36)

Die Leuchttürme von Žirje (1872) und Vis (1865):

Kroatische Inseln

Die Ausstellung ist bis 23.10.2015 geöffnet, der Eintritt ist frei.

Empfehlung: 3*

http://www.vig.com/de/presse/architektur-im-ringturm/aktuelle-ausstellung.html

Klotzen, nicht kleckern: „Antigone“ im Burgtheater

Ein Freund hat mir geraten, eine Sonnenbrille mitzunehmen, die Platzanweiserin noch kurz vor Beginn geraunt: „Achtung, es wird sehr laut.“ Was kann man nach diesen Warnungen wohl erwarten?

Die Bühne wird weit in den erleuchteten Zuschauerraum geführt

Die Bühne wird weit in den erleuchteten Zuschauerraum geführt

Es wurde tatsächlich ein zeitweise zu grell erleuchteter und sehr lauter Theaterabend! Sophokles‘ „Antigone“ wird im Burgtheater mit viel Pathos und Technik ins heutige Theater geholt. Die junge Regisseurin Jette Steckel hat sich ein monströses Bühnenbild (von Florian Lösche) hinstellen lassen, das in erster Linie aus Leuchten besteht. Viel Rauch, auch im ganzen Zuschauerraum, zwei Chöre, die sich unter das Publikum mischen, und ein Steg weit ins Parkett hinein – irgendwie ist man bei dieser Aufführung mehr im Geschehen als sonst. Und irgendwie packt es einen schon, das Drama, das sich sich im antiken Theben abspielt und in kräftige Bilder umgesetzt wird.

Antigone von Sophokles  Antigone von Sophokles

Über die Geschichte will ich hier nicht viel schreiben, es ist überall nachzulesen, wie sich Antigone gegen ihren Onkel Kreon auflehnt und das mit dem Tod bezahlen muss.

Wirklich beeindruckend ist Joachim Meyerhoff als Kreon – aber wann ist er das eigentlich nicht? Auch Aenne Schwarz als Antigone und Philipp Hauß als der einzige, der etwas Komödie in das Stück bringen darf, sind herausragend. Und die anderen wie Martin Schwab, Mavie Hörbiger, Mirco Kreibich und Oliver Masucci machen ebenfalls alles richtig. Der zweite Chor, der von den Logen aus singt, muss nicht unbedingt sein, zumal der Text kaum verständlich ist.

20150601_212421  Antigone von Sophokles

Fazit: In den knapp 2 Stunden gibt es genug zu schauen und zu hören, Aufmerksamkeit ist bei dem Versmaß sowieso zu empfehlen. Vielleicht ist es von allem ein wenig zu viel, aber das soll uns wahrscheinlich die griechische Tragödie im Heute schmackhaft machen. Und so, wie der Applaus war, werden die Vorstellungen gut besucht sein – also rechtezeitig um Karten umschauen!

Empfehlung: 3*

http://www.burgtheater.at/Content.Node2/home/spielplan/event_detailansicht.at.php?eventid=964250963

http://de.wikipedia.org/wiki/Antigone_%28Sophokles%29

http://de.wikipedia.org/wiki/Antigone

Handkes „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ bei den Wiener Festwochen

Eine höchst interessante Aufführung: Das Hamburger Thalia Theater gastierte mit Peter Handkes Stück „Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten“ bei den Wiener Festwochen. Das Besondere hier ist, dass es von Handke genaue Regieanweisungen gibt, aber kein Wort gesprochen wird. Die Uraufführung 1992 (auch im Theater an der Wien im Rahmen der Festwochen, Regie Claus Peymann) habe ich damals anscheinend nicht gesehen, denn ich erinnere mich an gar nichts.

Peter Handke, Die Stunde ...  Peter Handke, Die Stunde ...

Deshalb kann ich auch nicht beurteilen, wie weit das estnische Regieduo Tiit Ojasoo und Ene-Liis Semper die Anweisungen geändert hat – einige Szenen dürften jedoch mit Handkes Zustimmung neu dazugekommen sein.

Der Zuschauer beobachtet zweieinhalb Stunden lang die 20 Schauspieler und Schauspielerinnen sowie eine Gruppe Asiaten, die über einen imaginären Platz gehen, laufen, kriechen, fahren…. Es tut sich permanent etwas, Langeweile kam zumindest bei mir nicht auf. Die Darsteller leisten Großartiges, ziehen sich im Eilzugstempo um und stellen mindestens 100 verschiedene Figuren dar.

Peter Handke, Die Stunde ...  Peter Handke, Die Stunde ...

Eindrucksvolle Bilder wechseln mit leider kitschigen plakativen Szenen. So hat mir z.B. die Verdrängung unserer westlichen Arbeitswelt durch chinesische Arbeiter und das „Altencasting“außerordentlich gut gefallen, hingegen das hell erleuchtete Tor, durch das die ganze Truppe nackt ungefähr 10 Mal hin und her schreitet, überhaupt nicht.

Peter Handke, Die Stunde ...

Die Assoziationen sind vielfältig und jeder muss hier seine eigenen Bilder im Kopf entstehen lassen.

Aus einem Interview, das Peter Handke im Jahr 1992 Sigrid Löffler für die Zeitschrift profil gegeben hatte: Was das Stück ausgelöst hat, war ein Nachmittag vor vielen Jahren. Ich habe damals auf einem kleinen Platz in Muggia bei Triest den Tag verbracht. Ich bin dort den ganzen Tag auf einer Café-Terrasse gesessen und habe gesehen, wie sich das Leben abspielt. Ich bin wirklich ins Schauen gekommen, vielleicht auch mit Hilfe von Wein. Alles wurde zeichenhaft, ohne symbolisch zu werden. Die kleinsten Vorgänge fingen an, Zeichen zu werden, als ob sie die Welt bedeuteten – ich weiß nicht, welche Welt, die Welt eben. Nach drei, vier Stunden fuhr ein Leichenwagen vor ein Haus, Männer gingen hinein und kamen dann mit einem Sarg heraus, Zuschauer versammelten sich und lösten sich wieder auf, der Leichenwagen fuhr weg. Danach ging der Betrieb wieder weiter – von Touristen, von Einheimischen, von Handwerkern. Die nachher kamen wußten nicht, was vorher war. Aber für mich, der das gesehen hatte, war durch die Aktion mit dem Leichenwagen doch alles, was nachher kam, leicht verändert. Die Passanten wußten alle nichts voneinander – daher der Titel. Aber wir, die wir zuschauen, wir sehen die Passanten wie Skulpturen, die einander erst zu Skulpturen machen. Was nachher kommt, gibt dem, was vorher war, erst den Umriß; und das, was vorher war, gibt dem, was nachher kommt, die Skulptur.

Empfehlung (für Hamburg, wieder ab 3. Juni 2015): 3*

http://handkeonline.onb.ac.at/node/608

http://www.thalia-theater.de/de/spielplan/