Eindeutig handelt es sich hier um kein Theaterstück, schon gar keines im klassischen Sinn, sondern um einen Text von Elfriede Jelinek, der mit atemberaubenden Mitteln auf die Bühne des Burgtheaters gebracht wurde. Sie schrieb dieses Werk anlässlich des Kirchenasyl(streits) in der Wiener Votivkirche, als 60 Asylsuchende die Kirche besetzten.
Regisseur Michael Thalheimer hat diesen Text nun auf 90 Minuten gekürzt und das ist gut so.
Ein ungemein exakter und deutlicher Chor, bestehend aus 7 Schauspielerinnen und 9 Schauspielern, geleitet von einem Chordirigenten, deklamiert Jelineks kunstvolle Worte. Es ist eine große anonyme Masse, aus der sich manchmal einzelne Figuren lösen, ohne dass sie zu tatsächlichen Theaterfiguren werden.
Auf einer ganz reduzierten schwarzen Bühne, die nur durch ein Riesenkreuz im Hintergrund erleuchtet wird und auf der ansonsten der ganze Boden unter Wasser steht, arbeiten sich die Schutzbefohlenen (=Flüchtlinge) nach vorne. Mit Masken, die nur manchmal abgelegt werden, um ein wenig Persönlichkeit zu zeigen.
Der Text besteht aus 90 Minuten Anklage, frontal ins Publikum geworfen. Und das ist auch mein einziger Kritikpunkt: Der eineinhalbstündige moralische Zeigefinger (allerdings formal grandios umgesetzt), mit dem Jelinek ziemlich selbstgerecht fuchtelt.
Empfehlung: 3*
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