„Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ – mit Klischees wird in der neuen Franz Joseph-Biographie trotzdem aufgeräumt

Michaela und Karl Vocelka haben sich nach ihrem erfolgreichen Sisi-Buch nun ihren Ehemann, Kaiser Franz Joseph I., vorgenommen. Der Zeitpunkt der Erscheinung ist optimal gewählt, nächstes Jahr wird der 100. Todestag des Kaisers mit einer großen Ausstellung gleich an 4 Orten (Schloss Schönbrunn, Kaiserliche Wagenburg, Hofmobiliendepot und Schloss Niederweiden) begangen. Karl Vocelka ist hier übrigens als Kurator involviert.

Franz Joseph I.

Sisi

Gestern fand die Buchpräsentation statt und die Autoren gaben dabei Einblick in ihre Arbeitsweise ebenso wie in den Aufbau des Buches und die Probleme mit Quellenlage.

Michaela und Karl Vocelka

Michaela und Karl Vocelka

Das Historiker-Paar wollte den Menschen Franz Joseph in den Vordergrund stellen, weniger die politischen Aspekte und mehr den kulturgeschichtlichen Kontext. So entstand das Bild eines Mannes, das keine eindeutige Interpretation zulässt, sondern durch viele Brüche und Veränderungen im Laufe dieses langen Lebens gekennzeichnet ist. War seine Darstellung zu Lebzeiten durch die Zensur und bereits entstandene Klischees bestimmt, so setzte nach 1918 eine teils gnadenlose Abrechnung ein, die wiederum nicht der gesamten Persönlichkeit gerecht werden konnte. Spannend zu lesen, natürlich auch für Nichtfachleute geeignet!

Empfehlung: 4*

Michaela und Karl Vocelka

Michaela und Karl Vocelka

Michaela und Karl Vocelka, „Franz Joseph I: Kaiser von Österreich und König von Ungarn 1830-1916. Eine Biographie“, Verlag C.H.Beck 2015

Bis Sonntag, 22.11.2015, gibt es noch die Ö1-Sendung „Café Sonntag. Haus und Hof – Zu Gast bei Eva Rossmann sind Michaela und Karl Vocelka“ nachzuhören: http://oe1.orf.at/programm/420422
http://oe1.orf.at/konsole?show=ondemand

http://www.chbeck.de/Vocelka-Vocelka-Franz-Joseph-I-/productview.aspx?product=14915353

http://www.schoenbrunn.at/besucherinfo/sonderausstellung-2016.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Vocelka

Er geht der Ordnung der Dinge auf den Grund: Der Nummernspezialist Anton Tantner

Anton Tantner ist Historiker und hat sich im Laufe seines Forscherlebens auf einen höchst interessanten Aspekt der Kulturgeschichte spezialisiert: auf die Geschichte der Nummerierung, im Speziellen der Hausnummerierung. Dazu kommen verwandte Bereiche wie die Geschichte der Volkszählung und Registrierungs- und Indentifizierungstechniken.

Ballgasse 8, 1010 Wien

Ballgasse 8, 1010 Wien

Köllnerhofgasse 3, 1010 Wien

Köllnerhofgasse 3, 1010 Wien

Anlass für meinen Blogbeitrag ist eine „Hausnummernflanerie“, an der ich vor kurzem teilgenommen habe. Im Zuge eines vergnüglichen Stadtspazierganges durch Wien zeigt Tantner einer interessierten Zuhörerschaft kleine, oftmals übersehene Nummern, die – richtig interpretiert – ein ganzes Spektrum an Geschichten eröffnen.

Kohlmarkt, 1010 Wien

Kohlmarkt, 1010 Wien

Innerer Burghof, 1010 Wien

Innerer Burghof, 1010 Wien

In der im Internet zugänglichen „Galerie der Hausnummern“ können Adressen, Nummerierungen, Bilder und Hintergründe dazu abgerufen werden.

Kleeblattgasse, 1010 Wien

Kleeblattgasse, 1010 Wien

Kleeblattgasse 5, 1010 Wien

Kleeblattgasse 5, 1010 Wien

Steindlgasse 4, 1010 Wien

Steindlgasse 4, 1010 Wien

Steindlgasse 4, 1010 Wien

Steindlgasse 4, 1010 Wien

Ein gar nicht trockener Bereich der Geschichte, der auch für Laien spannende Aspekte bereithält!

Hausnummernflanerie

Hier eine Auswahl von Tantners Publikationen zum Thema:

  • House Numbers. Pictures of a Forgotten History. London (Reaktion Books), 2015
  • Die ersten Suchmaschinen. Adressbüros, Fragämter, Intelligenz-Comptoirs. Berlin (Wagenbach), 2015
  • Vor Google. Eine Mediengeschichte der Suchmaschine im analogen Zeitalter. Bielefeld (Transcript), 2012 (Hg. gemeinsam mit Thomas Brandstetter und Thomas Hübel)
  • Ordnung der Häuser, Beschreibung der Seelen – Hausnummerierung und Seelenkonskription in der Habsburgermonarchie (=Wiener Schriften zur Geschichte der Neuzeit; 4). Innsbruck/Wien/Bozen (Studienverlag), 2007
  • Die Hausnummer. Eine Geschichte von Ordnung und Unordnung. Marburg (Jonas Verlag), 2007

http://hausnummern.tantner.net/

http://tantner.net/

Lokalaugenschein in Neubruck – Ort der NÖ Landesausstellung 2015 „Ötscher:reich. Die Alpen und wir“

In einem Monat sperrt die Niederösterreichische Landesausstellung 2015 auf – Titel „Ötscher:reich. Die Alpen und wir“. An drei Standorten im Ötscherland/Mostviertel/Eisenstraße wird es etwas zu sehen geben: in Frankenfels, in Wienerbruck und im Töpperschloss Neubruck.

In Neubruck kam ich letzte Woche vorbei und konnte mir vor Ort ein Bild von den Renovierungsarbeiten machen. Da ist noch ganz schön viel zu tun, v.a. was die Außenanlagen betrifft. Aber erfahrungsgemäß geht sich dann doch alles im letzten Moment aus. Die Projektkosten für die Revitalisierungsarbeiten, Planung, Bauüberwachung, Geländesanierung, Parkanlagengestaltung sowie Durchführung infrastruktureller Adaptierungen belaufen sich auf insgesamt 6.005.000 Euro (Quelle: ecoplus – Land Niederösterreich).

Töpperschloss Neubruck  Töpperschloss Neubruck

Bereits fertig ist die neue Brücke vor dem Schloß, entworfen vom Ybbsitzer Architekten Joseph Hofmarcher und von regionalen Handwerkern und Betrieben umgesetzt. Ein Musterbeispiel, wie moderne Formen mit alter Handwerkskunst umgesetzt werden!

Neubruck  Neubruck

Das Töpperschloss wurde benannt nach seinem Erbauer Andreas Töpper, einem der größten und auch technisch fortschrittlichsten Unternehmer der Donaumonarchie im 19. Jahrhundert. Thema hier werden die regionalen Rohstoffe und deren Verarbeitung sein, in erster Linie geht es um Eisen und Eisenverarbeitung.

Etwas außerhalb von Lunz am See ist auch die „Töpperbrücke“ zu bewundern, ebenfalls von Andreas Töpper erbaut und mit Figuren aus Mariazeller Eisenguss geschmückt.

Töpperbrücke    Töpperbrücke

 

Töpperbrücke

Die Landeausstellung ist von 25.04. – 01.11.2015 geöffnet.

 

http://www.noe-landesausstellung.at/de/home
http://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_T%C3%B6pper
http://www.noe-landesausstellung.at/de/news/29.06.2014-ein-leben-fuer-die-welle

http://www.ecoplus.at/de/ecoplus/regionalfoerderung/news/toepperschloss-praesentiert-sich-zur-noe-landesausstellung-2015-rund

Schaurige Wachsmodelle aus dem 18. Jahrhundert: Woche der offenen Türe im Josephinum

Das Josephinum wurde 1785 unter Kaiser Joseph II. zu medizinischen Ausbildungszwecken gegründet und beherbergt die berühmte Sammlung von Wachsmodellen des menschlichen Körpers.

Zerlegbares Wachsmodell

Zerlegbares Wachsmodell

Im Rahmen des Jubiläums „650 Jahre Medizingeschichte“ kann das Josephinum in der Woche von 09. bis 15.03.2015 bei freiem Eintritt besucht werden. Sehr interessant, für Laien (= Nichtmediziner) ist eine Führung (täglich um 15:00 Uhr) zu empfehlen.

Josephinum Wien  Josephinum Wien

Empfehlung: 4*

http://www.josephinum.ac.at

Ankündigung: Kulturpolitische Diskussionen im Angewandte Innovation Laboratory

„Die Angewandte ist nicht nur ein Ort der Kunst, sondern auch ein Ort des kulturpolitischen Diskurses. Die Angewandte ist ein wesentlicher Teil der kulturellen Identität dieser Stadt. Deshalb mischen wir uns ein, wenn es um die Gestaltung der Zukunft der Kulturstadt Wien geht.“

So spricht der Rektor Universität für angewandte Kunst, Gerald Bast, und lädt zu kulturpolitischen Diskussionen mit den Kultursprechern der Wiener Parteien.

AIL

Programm (immer um 19:00 Uhr)
Montag, 16. März 2015: Beate Meinl-Reisinger (Neos)
Dienstag, 17. März 2015: Klaus Werner-Lobo (Grüne)
Mittwoch, 18. März 2015: Isabella Leeb (ÖVP)
Montag, 23. März 2015: Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ)
Dienstag, 14. April 2015: Gerald Ebinger (FPÖ)

Ort: Angewandte Innovation Laboratory, Franz Josefs Kai 3, 1010 Wien

http://www.ailab.at

http://www.dieangewandte.at

Welches Wien Museum braucht Wien? Diskussion mit Matti Bunzl

Gestern fand der erste inhaltliche Auftritt von Matti Bunzl als designierter Direktor des Wien Museum statt. Er tritt die Stelle im Hebst 2015 an, wenn Wolfgang Kos in Pension geht. Seine Bestellung ist noch immer ein Rätsel: Nämlich wie es gelungen ist, einen anerkannten Fachmann zu gewinnen, mit dem alle Parteien einverstanden sind und das ohne die üblichen Machenschaften in der Wiener Kulturpolitik.

Diskussion Matti Bunzl, Begrüßung Gerald Bast

Diskussion Matti Bunzl, Begrüßung Gerald Bast

Die Veranstaltung wurde von der Universität für angewandte Kunst organisiert, und dieser Einstieg mag programmatisch für die zukünftige Arbeit von Bunzl sein: Er möchte nicht nur die Kooperation mit der Angewandten und anderen wissenschaftlichen Institutionen intensivieren, sondern sieht sich selbst sowohl als Wissenschaftler (Anthropologe, Kulturethnologe, Feldforscher) als auch als Manager. In dieser Funktion wird seine Aufgabe sein, seinem Team die nötigen Voraussetzungen (v.a. auch wirtschaftlich) zu schaffen, um einen moderne Museumsalltag zu gewährleisten.

Angesprochen auf seine Vision, das Wien Museum auch als „Labor der Zivilgesellschaft“ zu etablieren, fordert er offensiv diverse Einrichtungen und Gruppen auf, sich an der Neupositionierung des Museums zu beteiligen und sich für ein „Wien der Zukunft“ einzubringen. Das Motto ist „Weg vom Ausstellen – hin zum Herstellen“. Als erste Wechselausstellung schwebt ihm so etwas wie „Wien 2050“ vor, also wohin sich Wien entwickeln kann, soll, muss.

Die leider schlechte, stotternde Moderatorin brachte die Idee auf, die Dauerausstellung abzuschaffen – hier wurde sie glücklicherweise von Bunzl in die Schranken gewiesen. Ein Stadtmuseum hat natürlich auch einen didaktischen Auftrag, muss einen Gesamtüberblick geben und kann viele interessante Objekte (wie z.B. die Stadtmodelle) nicht nur temporär zeigen.

Von mir gefragt, ob er nicht Angst hat, dass er in erster Linie wegen seines großen Erfolgs im Aufstellen von Sponsorgeldern in der Vergangenheit (in den USA) geholt wurde und sich die öffentliche Hand in Kürze abputzen wird, konnte er mit finanziellen Zusagen der Stadt kontern. Wir werden sehen, ob es dabei bleibt, v.a. da ja auch der Neubau/Zubau und die Umgestaltung des gesamten Museums anstehen.

Auf jeden Fall schaut es so aus, als würde die von Wolfgang Kos begonnene Positionierung des Wien Museums weiter voranschreiten und von Matti Bunzl in die richtige Richtung gelenkt werden.

http://www.wienmuseum.at/de/ueber-uns/unser-leitbild.html