Charles Aznavour: Ein berührendes Konzert des 93-Jährigen in Wien

Ein kleiner alter Mann, eine 6-köpfige Band, 2 Backgroundsängerinnen, kein Megaspektakel – Charles Aznavour schafft es mit seiner Bühnenpräsenz locker, die ca. 6.000 Besucher in der Stadthalle in seinen Bann zu ziehen.

Man glaubt es kaum: Der französische Chansonnier und Schauspieler ist 93 (!) Jahre alt. Seine Stimme nach wie vor unverkennbar und einzigartig, seine Bewegungen natürlich verhaltener, aber die Show dauert 1:45 Stunden ohne Pause und er meistert den Auftritt fast die ganze Zeit stehend, gehend, tänzelnd.

Es schwingt schon Melancholie mit, v.a. wenn er von vergangener Jugend und dem Alter singt. Und auch spricht: Denn zwischen den Chansons macht er sich über sein Jahre lustig und erklärt, dass zur Sicherheit ein Teleprompter die Texte zeigt und er hin und wieder in einem Sessel Platz nehmen wird.  Aznavours Auftritt war jedoch alles andere als ein Blick nach hinten! Er hatte einige neue Lieder mitgebracht, denen dann Allzeit-Hits wie „She“, „La Mamma“, „La Bohème“  oder „Comme ils disent“ folgten. Ein tobendes Publikum zollte ihm mit standing ovations gebührenden Beifall. Denn Aznavour strahlt auch eine Sympathie aus, die ihn für mich immer schon zu einem besonderen Künstler machte.

Mein Lieblingslied: „… Emmenez-moi au pays des merveilles …“

Charles Aznavour wurde 1924 in Paris in eine armenische Familie geboren. Seine Eltern mußten vor dem Genozid am armenischen Volk flüchten und er selbst gilt als einer der größten Unterstützer Armeniens, wohl auch finanziell.

Die nächsten Konzerttermine (falls jemand zufällig in der Nähe ist):                                           20.01.2018 Lyon / F
23.01.2018 Marseille / F
03.02.2018 Nantes / F
06.02.2018 Lille / F
03.03.2018 Amsterdam / NL
30.06.2018 London / GB

https://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Aznavour

https://www.songkick.com/artists/302900-charles-aznavour

 

„Ein Lied geht um die Welt“ – Zum tragischen Tod von Joseph Schmidt

Puhhh – viel Zeit ist seit meinem letzten Beitrag vergangen. Das war der Arbeit geschuldet, aber jetzt geht es wieder los. Mit meinen Eindrücken von neuen oder laufenden Produktionen, Tipps für Reisen und was mir sonst noch wichtig scheint.

Und heute ist mir wichtig, auf den Todestag eines besonderen Sängers hinzuweisen: Der Tenor Joseph Schmidt starb am 16. November 1942. Sein Schicksal und sein Gesang treiben mir immer wieder die Tränen in die Augen.

Geboren im kleinen  Dorf Dawideny (damals österreichische Monarchie, heute Ukraine) in eine jüdische Familie, wird Joseph Schmidt wegen seiner schönen Stimme Kantor in der Synagoge in Czernowitz. Von dort ging es zum Gesangsstudium nach Berlin, wo sein Talent bald erkannt wurde. Er hatte allerdings das Pech, dass er nur 1,54 m groß war und somit fast nie für Opernbühnen verpflichtet wurde. Seine Erfolge kamen durch Schallplattenaufnahmen und vor allem durch Rundfunksendungen zustande – seine Popularität stieg durch das Radio und Radio konnte wiederum von Schmidts Bekanntheit profitieren.

Nach der Machtergreifung der Nazis war es in Deutschland mit seinen Karriere vorbei. Der Premiere seines Films „Ein Lied geht um die Welt“ in Berlin konnte er noch beiwohnen (auch Joseph Goebbels applaudierte, er wollte ihn angeblich zum „Ehrenarier“ ernennen), doch kurz darauf verließ Joseph Schmidt Deutschland zunächst Richtung Wien. Internationale Gastspiele – aber eigentlich immer auf der Flucht –  führten ihn in den nächsten Jahren nach Amerika und Nordeuropa, bis er schließlich 1940 in Frankreich landete, wo er verhaftet wurde. Ihm gelang zwar die Flucht in die Schweiz, doch auch die Schweizer steckten ihn in ein Internierungslager, da geflohene Juden nicht als politische Flüchtlinge galten und erst eine Arbeitserlaubnis beantragt werden musste. Geschwächt, offenbar an einer Herzkrankheit leidend, die nicht behandelt wurde, starb er mit nur 39 Jahren nach einem Spaziergang. Am Tag darauf hätte er die Arbeitserlaubnis bekommen …

Die ausgezeichnete Sendung „Tenorale Triumphe – Tragischer Tod“ von Christoph Wagner-Trenkwitz (Ö1, 14.11.2017) ist noch eine Woche lang nachzuhören:

http://oe1.orf.at/player/20171114/495752

Und hier eine Hörprobe: „Du bis die Welt für mich“, ein Lied das sein Freund Richard Tauber Schmidt gewidmet hatte:

https://www.youtube.com/watch?v=CnJQ3dtSbgI

Und natürlich „Ein Lied geht um die Welt“:

https://www.youtube.com/watch?v=bZxF7J9wwcA

https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Schmidt_(S%C3%A4nger)

 

 

Why Is the Orchestra Seated That Way? An Explanation

http://www.wqxr.org/story/why-orchestra-seated-way-explanation/

Sing-Along Opera – ein heißer Tipp für alle, die gerne singen

Eine wirkliche Hetz: Sing-Along Opera im Konzerthaus! Ich war das erste Mal, aber definitiv nicht das letzte Mal dabei.

zunächst wird alles gemeinsam einstudiert, mit Gerald Wirth

Der Mozartsaal im Wiener Konzerthaus ist bummvoll, die Stimmung ausgezeichnet. Zwei Reihen werden von Profis besetzt, nämlich von Mitgliedern der Wiener Singakademie, die den amateurhaften Rest „mittragen“.

Keine Angst, man muss nicht schön singen können! Die einzelnen Stücke werden gemeinsam einstudiert, wunderbar geleitet von Gerald Wirth, künstlerischer Leiter und Präsident der Wiener Sängerknaben, und unterstützt von einem 5-köpfigen Orchester. Und ein Heft mit Noten und Texten bekommt man auch dazu.

Und was wird so gesungen?

  • Habanera („Carmen)
  • La donna è mobile („Rigoletto“)
  • O du, mein holder Abendstern („Tannhäuser“)
  • Barcarole („Hoffmanns Erzählungen“)
  • Treuliche geführt ziehet dahin („Lohengrin“)
  • Va, pensiero („Nabucco“)

Beim nächsten Termin am 21.10.2017, 17:00 Uhr, wieder im Mozartsaal, heißt es: „Sing-Along Around the world“.

Empfehlung: 4*

https://www.konzerthaus.at/konzert/eventid/53835

http://www.wienersingakademie.at/de/startseite/

 

Neues aus Berlin, Teil 3: Der Pianosalon Christophori

Ein Tipp für alle, die klassische Musik lieben: In einer Berliner Klavierfabrik wird in schrägem Rahmen ein außergewöhnliches Konzertprogramm geboten.

Abseits der üblichen Konzert-Locations, in einem netten Winkel in Wedding, steht eine große Fabrikshalle. Darin werden Pianos repariert und das sieht man. Überall Klavierteile und Klaviere, die Atmosphäre ist die einer Werkstatt – und doch auch der perfekte Rahmen für die Konzerte, die der Gründer und Betreiber Christoph Schreiber (Arzt im Hauptberuf) hier veranstaltet. Es geht lässig zu, Schreiber möchte den Besuch bewusst niedrigschwellig halten. Im Eintrittspreis sind auch Getränke enthalten, die man sich selbst einfach davor, danach und in der Pause nimmt und zu den Gesprächen mit Künstlern und Besuchern mitnimmt.

Einfach hingehen ist aber nicht gut, denn eine Vorreservierung auf der Webseite ist zu empfehlen. Wer wie ich von einem langjährigen Stammgast mitgenommen wird, darf in der ersten Reihe sitzen. Und sich ein Quartett aus jungen Musikern und Musikerinnen anhören, die das passende Programm für eine Wienerin in Berlin boten: Zemlinsky und seinen völlig unbekannten Zeitgenossen, Walter Rabl, der jedoch eine Entdeckung wert war.

v.l.n.r.: Jonathan Aner (Klavier), Olga Polonsky (Violine), Stephan Koncz (Cello), Shirley Brill (Klarinette)

http://www.konzertfluegel.com/index.html

Stefan Mickisch, der Opernführer im Theater an der Wien

Vor ein paar Jahren bin ich – als dezidierte Nicht-Wagner-Liebhaberin – bei einer Radiosendung hängen geblieben, in der auf äußerst amüsante Art „Der Ring des Nibelungen“ erklärt wurde. So stieß ich auf Stefan Mickisch, den bayrischen Musikwissenschaftler und Pianisten, der hier in vier Teilen das Opernwerk in seine einzelnen Motive zerlegte, wieder neu zusammensetzte, sie dabei auf dem Klavier vortrug und witzig die Handlung erzählte. Ok, dachte ich, so lasse ich mir Wagner gefallen.

Stefan Mickisch

Dieses Programm trug er dann auch an vier Abenden im Theater an der Wien vor – wieder informativ und kurzweilig. Mickisch hält auch seit vielen Jahren die Einführungsvorträge in Bayreuth und hat sich eine große Fangemeinde geschaffen. Davon konnte ich mich letzte Woche im vollen Theater an der Wien überzeugen, wo er Mozarts „Die Zauberflöte“ in gewohnt unterhaltsamer Weise beleuchtete.

Das Bühnenbild der laufenden Produktion, Henry Purcells "The Fairy Queen", paßt gut zur "Zauberflöte"

Das Bühnenbild der laufenden Produktion, Henry Purcells „The Fairy Queen“, paßt gut zur „Zauberflöte“

Zweimal gibt es in nächster Zeit die Möglichkeit, den Opernführer in Wien zu sehen und zu hören:

20.02.2017 „Fidelio“

25.03.2017 „Die Fledermaus

Empfehlung: 4*

 

http://www.mickisch.de/index.php?id=1&no_cache=1

https://www.theater-wien.at/de/programm/production/227/Stefan-Mickisch-Fidelio

https://www.theater-wien.at/de/programm/production/225/Stefan-Mickisch-Die-Fledermaus

Meine ganz persönlichen Kultur-Highlights des Jahres 2016

Viel hat sich getan im gerade noch alten Jahr, über einiges habe ich auch berichtet. Hier noch eine kleine Zusammenfassung meiner ganz persönlichen Highlights des Kulturjahres 2016 (nicht über alle erschien auch ein Beitrag im Blog):

1          Platz 1 nimmt mein Besuch in der Mailänder Scala ein, den ich einem Freund zu verdanken habe. Das perfekte Stück für eine Wienerin in Italien, „Der Rosenkavalier“ unter Zubin Mehta (Regie Harry Kupfer), mit Sitz in der Königsloge und anschließender Feier mit einem Teil des Ensembles.

Highlight 2016

"Der Rosenkavalier"

„Der Rosenkavalier“

 

         Jardin Majorelles und Anima in/bei Marrakesch: Zwei Gärten, ganz verschieden in ihrer Ausrichtung, beide mit wuchernden Pflanzen und knalligen Farben.

Jardin Majorelles von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé

Jardin Majorelles von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé

Im Garten Anima von André Heller

Im Garten Anima von André Heller

 

3          Die Wiederentdeckung Berlins (aus privaten Gründen) mit einer Unzahl an Ausstellungen, Museen, Theatern, Konzerten….

Highlight 2016

 

         Immer wieder: Das Staatsballett unter Manuel Legris, wunderschöne Abende in der Staats- und Volksoper.

Highlight 2016

 

5          Die Aufführung von Beethovens 3. Symphonie „Eroica“ im Eroica-Saal durch die Wiener Akademie: Originalklang-Ensemble am Originalplatz der Uraufführung – was will man mehr?

Die Wiener Akademie

Die Wiener Akademie

Decke im Eroica-Saal

Decke im Eroica-Saal

 

6          Markus Meyer: Der Burgschauspieler konnte in ganz unterschiedlichen Rollen und mit vollem Körpereinsatz überzeugen: in „Coriolan“, „Der eingebildete Kranke“, „Der Diener zweier Herren“, „Ludwig II.“…

©Reinhard Werner

©Reinhard Werner

 

7          „Floating Piers“ von Christo am Lago d‘Iseo– ein Riesenauflauf, aber sehens- und erlebenswert.

Christos "Floating Piers"

Christos „Floating Piers“

 

8          Fondazione Prada in Mailand: weil spannende Kunst in toller Architektur.

Fondazione Prada

Fondazione Prada

 

9          Olafur Eliasson im Winterpalais: „Ein Zauberer mit Licht und Material“ hab ich’s genannt.

Olafur Eliasson im Winterpalais

Olafur Eliasson im Winterpalais

 

10          Eine Aufführung von „Don Giovanni“ in Bratislava: gute Inszenierung, gute Sänger, gute Preise, schnell von Wien aus zu erreichen – einmal etwas anderes.

"Don Gioavanni"

„Don Gioavanni“

Die Oper in Bratislava

Die Oper in Bratislava

Mit diesem Rückblick wünsche ich allen ein wunderbares, friedliches, erfolgreiches, gesundes Jahr 2017 – mit ganz vielen weiteren Kulturhighlights!

Goodbye, Leonard Cohen

“And I’ll dance with you in Vienna,
I’ll be wearing a river’s disguise.
The hyacinth wild on my shoulder
my mouth on the dew of your thighs.
And I’ll bury my soul in a scrapbook,
with the photographs there and the moss.
And I’ll yield to the flood of your beauty,
my cheap violin and my cross.”

(„Take This Waltz“ 1986)

2 Mal Hieronmyus Bosch: Einmal Ja und einmal Jein

Heuer jährt sich der Todestag des niederländischen Malers Hieronymus Bosch zum 500. Mal – Anlass für 2 unterschiedliche Herangehensweisen an sein Werk.

Bosch

Basilisk (aus Fischteilen, um 1600)

Basilisk (aus Fischteilen, um 1600. Wien, NHM)

Zunächst einmal hat letzte Woche in der Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste in Wien die kleine, aber feine Ausstellung „Natur auf Abwegen? Mischwesen, Gnome und Monster (nicht nur) bei Hieronymus Bosch“  aufgemacht. Die Akademie besitzt ja mit dem Triptychon des „Jüngsten Gerichts“ eines der Hauptwerke des Malers.

Hydra (italienisch, ca. 1460, Wien, KHM)

Hydra (italienisch, ca. 1460, Wien, KHM)

Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass alles zu diesen drei Tafeln führt, deren Vielschichtigkeit und Details eine stundenlange Betrachtung ermöglichen. Die grotesken Figuren und Monster, Misch- und  Fabelwesen, die das „Jüngste Gericht“ bevölkern, bilden den inhaltlichen Rahmen. Fünf Schwerpunkte zeigen interessante Vorläufer, Gleichzeitigkeiten und die lange Nachwirkung einiger dieser Wesen: Das Fremde ist ein Monster, Träume werden wahr, Literarische Monster, Drachen in bester Gesellschaft und Todsünden und Monster.

Mischwesen mit Pfeil und Bogen (in: François Rabelais, Pantagruel 1565)

Mischwesen mit Pfeil und Bogen (in: François Rabelais, Pantagruel 1565)

Die Umstände waren offenbar nicht einfach, die im Vorfeld die Arbeit an der Ausstellung erschwerten und auch zu einer Verschiebung der geplanten Eröffnung erst in den November führten. Wie gesagt, es handelt sich um eine kleine Schau, die aber unbedingt sehenswert ist – und in das „Jüngste Gericht“ kann man sich sowieso immer wieder vertiefen.

Hieronymus Bosch, Das Jüngste Gericht (Wien, Galerie der Akademie der Bildenden Künste, zw. 1504 und 1508)

Hieronymus Bosch, Das Jüngste Gericht (Wien, Galerie der Akademie der Bildenden Künste, zw. 1504 und 1508)

Die Ausstellung ist bis 29.01.2017 geöffnet (Montag  = Schließtag in der Galerie der Akademie am Schillerplatz), Begleitprogramm beachten!

Empfehlung: 4*

 

Voller Erwartung machte ich mich auch in Berlin auf, um die multimedialen Installationen „Hieronymus Bosch. Visions Alive“ zu besuchen. Und hier kommt das Naja. Die Homepage verspricht, „In den Räumen der Ausstellung „HIERONYMUS BOSCH. Visions Alive“ bemühten sich die Organisatoren, sämtliche vorhandenen Informationen über das Leben und die Kunststücke von Bosch zu sammeln“, doch eigentlich reduziert sich die Information auf eine Zeitleiste im ersten Raum.

Bosch

Bosch

Für die Projektionen wurde ein Werk herausgenommen, „Der Garten der Lüste“, ebenfalls ein Triptychon,  das sich heute im Prado befindet. Auch hier wimmelt es von seltsamen Figuren, die noch seltsamere Tätigkeiten ausführen (die Gegenüberstellung zum „Jüngsten Gericht“ in Wien ist eine stete Diskussion unter Kunsthistorikern). Einige Details können hier so groß gezoomt aus der Nähe angeschaut werden, Terminals geben durchaus informative Auskünfte zu den einzelnen Abschnitten des Gemäldes.

Bosch

Schließlich warten Sitzsäcke darauf, dass die Besucher Platz nehmen und die skurrilen Bilder, untermalt vom passenden Soundtrack, auf sich wirken lassen. Entwickelt wurde das Format von Artplay Media, ein Unternehmen, das sich auf multimediale Ausstellungsprojekte spezialisiert hat.

Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste (Madrid, Prado, zw. 1490 und 1500)

Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste (Madrid, Prado, zw. 1490 und 1500)

Durchaus inspirierend, aber mit einem Eintrittspreis von EUR 12,50 und einer Verweildauer von ca. 30 Minuten ein viel zu teurer Spaß.

Bis 31.01.2017 in der Alten Münze in Berlin.

Empfehlung: 2*

https://de.wikipedia.org/wiki/Hieronymus_Bosch

http://www.akademiegalerie.at/de/Aktuell/Ausstellungen/

http://www.boschalive.com/de/main-de

https://de.wikipedia.org/wiki/Weltgerichtstriptychon

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Garten_der_L%C3%BCste_(Bosch)

Karrierechancen für Musiklehrer? Camerata Salzburg beeindruckt positiv

von Florian Glatt

Nach dem Saisonstart im Konzerthaus war nun also wieder mehr Klassik auf dem Spielplan. Neville Marriner hat „seiner“ Camerata nicht nur das Rüstzeug für das breite Spectrum mitgegeben, das programmiert war (Wagner, Beethoven und Mendelssohn-Bartholdy), sondern dem Orchester eine Dynamik mitgegeben, die vor allem akustisch zu spüren war. Die Camerata hat eine glanzvolle Leistung gebracht: feinste Nuancen und eine heute einzigartige Dramatik.

Leider wurde diese gestört. Rubinstein meinte einmal: “Anywhere in the world, people who have the flu go to the doctor. In Tel Aviv, they come to my concerts.“ Allerdings waren diesmal weniger die omnipräsent schnupfenden und hustenden Besucher. Dirigent Teodor Currentzis pflegt nicht nur Einsätze durch weit in das Publikum hinein hörbares Schnaufen zu geben, er nimmt auch die Spannung heraus, indem er vor dramatischen Höhepunkten mitsteppt – vielleicht wäre ein Teppich eine gute Lösung. Ein Glück, dass der Musiklehrer für Volksschüler nicht noch mitklatscht und mitpfeift.

Teodor Currentzis © Anton Zavjyalov

Teodor Currentzis © Anton Zavjyalov

Auch die Zugabe erfüllte hauptsächlich das Bedürfnis des „eitlen Geck“, wie er an anderer Stelle schon treffend bezeichnet wurde, sich in den Mittelpunkt zu drängen. Das ist nur nicht die Aufgabe des Dirigenten. Wenn dieser das Bedürfnis hat im Mittelpunkt zu stehen, so ist das mit seiner Position am Pult bereits erfüllt. Ansonsten hat er zu ermöglichen, dass sich Musiker entfalten können und dass das Publikum den Abend genießen kann. Ersteres schafft er angeblich. Bei letzterem scheitert er kläglichst: der Genuss klassischer Orchestermusik auf allerhöchstem Niveau, wie die Camerata ihn bietet wird durch das Stören des Dirigenten verunmöglicht. Vielleicht sollte er doch Musiklehrer werden. In Österreich kann man diese ja auch an anderen Positionen einsetzen in denen das Klopfen und Trommeln weniger stören.

Nachtrag: am zweiten Abend tritt der Dirigent in Socken auf und bekommt einen Teppich…