Ein Stück Ballettgeschichte in der Wiener Staatsoper: John Neumeiers „Le Pavillon d’Armide“ und „Le sacre du printemps“

Wieder ein phänomenal getanzter Ballettabend in der Staatsoper: Zwei Stücke, die John  Neumeier, der gefeierte Choreograph und Hamburger Ballettdirektor, nach Wien bringt.

Le Pavillon d’Armide: Nijinsky und sein tänzerisches Ebenbild (Jakob Feyferlik, Masayu Kimoto)  © Wiener Staatsoper / Ashley Taylor

Le Pavillon d’Armide:  Maria Yakovleva, Denys Cherevychko, Nina Tonoli © Wiener Staatsoper / Ashley Taylor

Das ist einmal „Le Pavillon d’Armide“, ein Ballett, das seine Uraufführung 1907 in St. Petersburg und 2 Jahre später in Paris erlebte, damals getanzt Vaslav Nijinsky. Neumeier machte daraus eine Reise in Nijinskys Erinnerungen. Nicht ganz freiwillig in einer Nervenklinik, träumt er von vergangenen Rollen und Tanzpartnerinnen. Etwas verworren, die Geschichte, die von der spätromantischen Musik von Nikolai Tscherepnin untermalt wird – eine sehr gefällige Ballettmusik für den Moment, die kurz danach jedoch wieder vergessen ist. Auf jeden Fall bekommt man eine Ahnung davon, wie die Aufführungen der Ballets Russes zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewesen sein müssen, mit exotischen Kostümen und völlig neuen Tanzschritten. In Neumeiers Choreographie dann eines der schönsten Pas de deux zweier Männer, an das ich mich erinnere.

Le Pavillon d’Armide

Ganz anders geht es nach der Pause weiter, mit einem Ballett wie aus einem Guss. Mit Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“, das bei der Uraufführung einen Riesenwirbel auslöste, sowohl wegen der Musik als auch wegen Nijinskys Tanzstil. Auch Neumeiers Inszenierung war 1972 in Frankfurt für einen Skandal gut, denn hier tanzte Das Mädchen nackt seinen ekstatischen Todestanz.

Le sacre du printemps

Le sacre du printemps © Wiener Staatsoper / Ashley Taylor

In der Staatsoper gibt es keine nackten Tänzerinnen, es ist auch nicht nötig. Das Ensemble, einfärbig durch fleischfarbene Hosen und Oberteile, ist zum Teil gar nicht als einzelne Personen erkennbar, sondern bildet immer wieder neue Figuren aus Körpern. Diese Gebilde verändern sich, finden wieder zusammen, lösen sich auf, formen neue Bilder. Der absolute Höhepunkt ist aber Rebecca Horner, die den Todestanz derart furios gestaltet, dass man mitleidet und mitlebt und -stirbt. Strawinskys Musik hat in den über 100 Jahren nichts von ihrer Eindringlichkeit und Modernität verloren.

Le sacre du printemps

Leider nur mehr ein Termin in dieser Saison: 16.03.2016. http://www.wiener-staatsoper.at/spielplan-tickets/detail/event/965109224-le-pavillon-d-armide-le-sacre/

Empfehlung:  4*

https://de.wikipedia.org/wiki/John_Neumeier

https://de.wikipedia.org/wiki/Le_sacre_du_printemps

https://en.wikipedia.org/wiki/Le_Pavillon_d%27Armide

https://de.wikipedia.org/wiki/Ballets_Russes

https://de.wikipedia.org/wiki/Vaslav_Nijinsky

Ein Gedanke zu “Ein Stück Ballettgeschichte in der Wiener Staatsoper: John Neumeiers „Le Pavillon d’Armide“ und „Le sacre du printemps“

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