Noch ein Tipp für die Ferien: „300 Jahre Freimaurer: Das wahre Geheimnis“ in der österreichischen Nationalbibliothek

Diese Ausstellung ist auch nur mehr bis 7. Jänner zu sehen und wer es sich irgendwie einrichten kann, sollte dem Prunksaal der Nationalbibliothek einen Besuch abstatten. Denn das Thema Freimaurerei wird nicht oft so gut aufbereitet dargestellt – ist diese Ausstellung doch in enger Kooperation mit der Großloge Österreich zustande gekommen, die auch viele Leihgaben zur Verfügung gestellt hat.

„Das Bauwerk aller Bauwerke“: Georg Schott, „King Solomon’s Temple, um 1720

Aktueller Anlass für die Beschäftigung mit der Freimaurerei ist die Gründung der ersten Großloge der Welt im Jahr 1717 in London, also die 300-Jahr-Feier im Jahr 2017.

Schurz des französischen Philosophen und Schriftstellers Voltaire

Dass die erste österreichische Großloge erst 1784 gegründet werden konnte, ist den politisch-ideologischen Vorbehalten Maria Theresias geschuldet, die, obwohl ihr Mann Franz Stephan auch Mitglied war, der ganzen Sache zunächst äußerst skeptisch gegenüberstand.

Innenansicht der Wiener Loge „Zur gekrönten Hoffnung“, 1790

Wolfgang Amadeus Mozart – einer der bekanntesten Freimaurer

Die Ausstellung zeigt die internationale Entwicklung ebenso wie die Geschichte der Freimaurer in Österreich. Sehr schöne Exponate, auch aus Frankreich und England, belegen das Leben in den Logen und wie die Brüder versuchten (und versuchen), sich für Aufklärung, Humanität und Toleranz einzusetzen. Das Engagement außerhalb der Augen der Öffentlichkeit sorgt seit Beginn für Gerüchte, Verschwörungstheorien und viele Fragen. Die für Außenstehende seltsamen Riten tragen dazu noch bei.

Die Bruderkette als Symbol der Verbundenheit

Kurator Christian Rapp (selbst kein Freimaurer), ab Jahresbeginn Leiter im Haus der Geschichte in St. Pölten

Worin „Das wahre Geheimnis“ – der Untertitel der Ausstellung – besteht, hat sich mir nicht ganz erschlossen, doch sind Geschichte und vor allem auch Gegenwart sehr anschaulich erzählt und dargestellt. Und der wunderbare Prunksaal der Nationalbibliothek ist natürlich ein denkbar passender Rahmen für dieses Thema.

Kuppel im Prunksaal der Nationalbibliothek mit dem Deckenfresko von Daniel Gran

Tipps:

  • Die Ausstellung ist nur mehr bis 07.01.2018 geöffnet, am Donnerstag immer bis 21:00 Uhr – da sind dann vermutlich auch die Touristen weg, die großteils ja nicht wegen der Freimaurer kommen.
  • Im Saal ist es sehr kalt, also Mäntel und Jacken NICHT abgeben.
  • Fotografieren ist ohne Blitz erlaubt.

Empfehlung: 4*

Der ORF war (und ist?) stark bei den Freimaurern vertreten

https://www.onb.ac.at/museen/prunksaal/sonderausstellungen/300-jahre-freimaurer-das-wahre-geheimnis/

https://www.onb.ac.at/museen/prunksaal/oeffnungszeiten/

https://de.wikipedia.org/wiki/Freimaurerei

https://freimaurerei.at/

http://freimaurermuseum.at/

„Raffael“ in der Albertina – nur noch bis 7. Jänner 2018!!!

Auch wenn viele Besucher sind, auch wenn jetzt die Feiertage kommen (oder gerade deswegen) – die Ausstellung „Raffael“ in der Wiener Albertina sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen!

Es ist die erste große Schau in Österreich, die dem genialen Maler und Architekten Raffael gewidmet ist. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner, dem Ashmolean Museum in Oxford,  kommt die Albertina auf ca. 140 Blätter des Künstlers und damit kann man schon eine sehr aufwendige Ausstellung konzipieren.

Ausstellungskurator Achim Gnann vor Raffaels berühmten Selbstporträt (1505, Uffizien)

Chronologisch aufgebaut wird besonders gut gezeigt, wie Raffael gearbeitet hat, von den ersten Entwürfen über den Karton bis zu den ausgeführten Malereien. Es ist faszinierend zu sehen, wie der gesamte Entwurfsprozeß abgelaufen ist und wie sich der Künstler dem endgültigen Bild angenähert hat. 18 Gemälde ergänzen die Präsentation, die in dieser Qualität wohl nicht mehr so bald hierzulande zu sehen sein wird.

Besonders anschaulich ist der Nachbau der Stanzen des Vatikans mit Raffaels Freskenschmuck – den Entwürfen dazu gegenübergestellt

Federzeichnung (Vorstudie zur Grablegung von 1507)

Eine Führung ist dabei gar nicht so notwendig, da die Saal- und Objektbeschriftungen ausführlich sind und mehr Platz für individuelle Betrachtungen bleibt.

Porträt des Bindo Altoviti (ca. 1514/15, National Gallery of Art, Washington)

Tipps:

  • Online-Ticket kaufen: Die Tickets sind – im Gegensatz zu vielen anderen Museen – nicht für einen bestimmten Timeslot gültig und man erspart sich das Schlangestehen bei der Kassa.
  • Mittwoch und Freitag ist bis 21:00 Uhr geöffnet, wobei Mittwoch weniger Andrang herrscht.
  • Die Ausstellung sperrt am 7. Jänner 2018 – es sind also noch ungefähr 2 Wochen Zeit, diese außergewöhnliche Ausstellung zu besuchen!

Empfehlung: 4*

 

https://www.albertina.at/ausstellungen/raffael/

https://www.albertina.at/forschung/zeichnung-druckgrafik/projekte/raffaels-zeichnungen/

https://de.wikipedia.org/wiki/Raffael

Kritische Überlegungen zum Louvre Abu Dhabi

Die Zeitungen waren voll mit Jubelmeldungen über den neuen Ableger des Pariser Louvre in Abu Dhabi. Der spektakuläre Museumsbau von Jean Nouvel wird allgemein gewürdigt, allerdings mehren sich die kritischen Kommentare, die aufzeigen, dass hier mit einem äußerst zweifelhaften Kunstverständnis gearbeitet wird …

Wer sich in den Bann des Louvres in Abu Dhabi ziehen lässt, bezahlt dies mit dem Erbe der Aufklärung

https://www.nzz.ch/feuilleton/trotz-aller-widersprueche-ld.1328468

Brigitte Macron setzt im Louvre Abu Dhabi das falsche politische Signal

https://www.nzz.ch/feuilleton/hinter-den-kulissen-des-abu-dhabi-louvre-ld.1328125

Der Louvre Abu Dhabi wäscht die Kunst rein

http://www.sueddeutsche.de/kultur/louvre-abu-dhabi-das-weltmuseum-als-gebautes-moralisches-fragezeichen-1.3743862

Sommer-Tipp: Open-Air-Kino im Belvedere

Im heißen Sommer in Wien gibt es ab 1. August ein neues Open-Air-Kino: Im Kammergarten des Unteren Belvedere stehen die Filme unter dem passenden Motto „Ein Hauch von Barock“.

Farinelli (Regie: Gérard Corbieu)

„Die Filme setzen sich sowohl direkt als auch indirekt mit dem Zeitalter des Barock auseinander und faszinieren vor allem mit ihrer besonderen Ausstattung und Opulenz.
Die Auswahl reicht von Sophia Coppolas Marie Antoinette und Derek Jarmans Caravaggio, über Federico Fellinis Das süße Leben und Jacques Tatis Mein Onkel bis zu David Lynchs Mulholland Drive und Sally Potters Orlando.“ (Homepage Belvedere)

Marie Antoinette (Regie: Sophia Coppola)

Ein wirklich interessantes Programm, das Museumsticket ist zugleich die Kinokarte. In dieser Zeit sind die Ausstellungen im Unteren Belvedere und der Orangerie täglich von 10 bis 21 Uhr geöffnet.

Caravaggio (Regie: Derek Jarman)

Von 1. bis 20. August 2017,  ab 21:30.

www.belvedere.at/Kino_im_Kammergarten

Alt und neu – so geht’s: Jabornegg & Pálffy. Architekturprojekte im historischen Kontext

Das Benediktinerstift Altenburg im niederösterreichischen Waldviertel wurde zwar im 12. Jahrhundert gegründet und in der Barockzeit prachtvoll ausgebaut. Dass man hier auch zeitgenössische Architektur zu Wort kommen lässt, ist seit den Um- und Zubauten durch das Büro Jabornegg & Pálffy offensichtlich. Und so werden die Altane und neu gestalteten Kellergeschosse nicht nur „Rahmen für die Ausstellung, sondern gleichsam auch selbst zum Objekt der vorgestellten Planungsmethode“.

Blick in die Krypta

Georg Kargl (Fine Arts) vor dem Modell seiner BOX

Georg Kargl BOX

Elegante Details am Boden im Untergeschoß

Es ist die erste ausführliche Werkschau in Österreich. Anhand einer großen Zahl an Modellen lassen sich die behutsamen Eingriffe in historische Bausubstanzen nachvollziehen, immer wird dem alten Bauwerk Respekt entgegengebracht, ohne die moderne Formensprache zu verstecken.

Man fragt sich natürlich, wo diese vielen großen Modelle aufbewahrt normalerweise werden. Antwort: In einem eigens angemieten Lager.

Neue Tribüne für den Salzburger Domplatz

Aktuelles Großprojekt ist der Umbau des österreichischen Parlaments, hier wünsche ich den beiden starke Nerven!

Parlament

Ausstellung in Stift Altenburg bis 26.10.2017

Empfehlung: 4*

http://www.stift-altenburg.at/kultur-tourismus/retroperspektive/

http://www.jabornegg-palffy.at

http://www.georgkargl.com/

https://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Altenburg

Maria Theresia + Maria Theresia + Maria Theresia

Der Ausstellungsmarathon im Jubiläumsjahr geht weiter: Maria Theresia von allen Seiten.

Schloss Niederweiden: „Modernisierung und Reformen“

Als Teil der 4 großen Maria-Theresien-Ausstellungen werden im ehemaligen Jagdschloss die Reformen unter Maria Theresia dargestellt, ohne die unser heutiger Staatsapparat nicht vorstellbar wäre. Dazu gehören die Modernisierung der Verwaltung und des Steuerwesens, der Schulen und der Universitäten (z.B. Gründung Lehrschule zur Heilung der Viehkrankheiten, Vorläuferin der Veterinärmedizinischen Universität  Wien). Aber auch ihrem Verhältnis zu den Ideen der Aufklärung wird nachgegangen und wieso die strengkatholische Maria Theresia den Jesuitenorden auflösen ließ. Dazu kommen in Kurzporträts auch die Männer, die die Herrscherin bei diesen Reformen unterstützten, zu Ehren.

Ein rekonstruiertes Klassenzimmer gefällt immer 🙂

Johann Baptist v. Lampi, Porträt von Joseph von Sonnenfels, eines wichtigen Beraters Maria Theresias

Das entzückende barocke Schlösschen mit seinen Chinazimmern und der exotischen Ausgestaltung ist den Besuch auf jeden Fall wert.

Festsaal © SKB

Bis 29.11.2017

Empfehlung: 4*

http://www.mariatheresia2017.at/themen-standorte/schloss-niederweiden/

https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Niederweiden

 

Schloss Hof: „Bündnisse und Feindschaften“

Wenige Minuten von Niederweiden entfernt liegt der große Komplex von Schloss Hof, mit dem Schwerpunkt auf Maria Theresias außenpolitischen Erfolgen und Misserfolgen.

Kurator Karl Vocelka

Unbekannter Künstler, Maria Theresia und Franz Stephan als Brautpaar

Gleich zu Beginn ihrer Regierungszeit sah sie sich ja in den österreichischen Erbfolgekriegen mit halb Europa konfrontiert. Nach einem „renversement des alliances“  standen sich im Siebenjährigen Krieg neue Feinde und Verbündete gegenüber. Die langen Kriegsjahre bedeuteten für große Teile der Bevölkerung auch Not und Elend – neben militärischen Siegen und glanzvollen Feldherren bekommt dieser Aspekt in der Ausstellung ebenfalls seinen Raum.

Tausende Soldaten kämpften in den Kriegen des 18. Jahrhunderts – ganz klein am oberen Bildrand in Schlachtaufstellung.

Carl von Blaas, Erste Verleihung des Militär-Maria-Theresien-Ordens 1758 (Entwurf zu den Fresken in der Ruhmeshalle im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum)

Bis 29.11.2017

Empfehlung: 4*

http://www.mariatheresia2017.at/themen-standorte/schloss-hof/

https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Hof

 

Unteres Belvedere: „Maria Theresia und die Kunst“

Auch das Belvedere kann Maria Theresias 300. Geburtstag nicht tatenlos vorübergehen lassen und hat kürzlich die Jubiläums-Ausstellung eröffnet. Und hier schließt sich der Kreis zu den vorigen beiden Ausstellungen, denn Maria Theresia hatte Schloss Belvedere  Prinz Eugens Erbin abgekauft und gemeinsam mit ihrem Sohn Joseph II. darin die erste öffentliche Präsentation der kaiserlichen Sammlungen veranlasst.

Friedrich Heinrich Füger, Kaiserin Maria Theresia im Kreise ihrer Kinder, 1776
© Belvedere

Hier geht es rein kunstgeschichtlich zu, aber das soll niemanden abschrecken. Wer sich mit (spät)barocker Kunst etwas schwerer tut, sollte sich einer Führung anschließen – im Idealfall mit dem Kurator Georg Lechner.

Kurator Georg Lechner bei der Eröffnung

Im ersten Raum fühlt man sich zwar gleich etwas erschlagen von einer Fülle an riesigen Herrscherporträts. Allerdings hatte die Porträtmalerei  zu dieser Zeit eine wichtige, hochpolitische Funktion, ebenso wie die Porträtplastik und schließlich auch die Freskenmalerei (die selbst in Kirchen oft dazu diente, den Ruhm des Hauses Habsburg darzustellen). Weiter geht es dann mit Familienporträts, Landschaftsmalerei, den Entwürfen zum Doppelsarkophag in der Kapuzinergruft und Skulpturen. Wirklich gut aufbereitet und beschriftet, sodass es eine Freude ist, durch die Kunstwerke zu spazieren.

Franz Xaver Messerschmidt, Maria Theresia, 1760 © Belvedere

Dass Maria Theresia in Kunstdingen gar nicht so altmodisch war, wie man vielleicht denken würde, kommt in der Ausstellung gut heraus. Zum Teil ist das auch der Tatsache geschuldet, dass aus Geldmangel keine teuren alten Meister angeschafft werden konnten und daher zeitgenössische Künstler beauftragt wurden …

Jean-Baptiste Pillement, aus einer serie von 18 Pastellen für das Schloss Laxenburg

Der Katalog um 34 EUR, der zwar außen flott ausschaut und inhaltlich top ist, innen aber ein unsägliches Layout hat – leider scheint das bei Ausstellungskatalogen immer mehr in Mode zu kommen.

30.06.2017 bis 05.11.2017

Empfehlung: 4*

https://www.belvedere.at/maria-theresia

Neues aus Berlin, Teil 5: Das Lutherjahr in der deutschen Hauptstadt

500 Jahre Reformation machen sich auch in Berlin bemerkbar. Anlässlich des Lutherjahres bietet die Hauptstadt eine ganze Reihe an Veranstaltungen und Ausstellungen an.

Hagel, Regen, Eiseskälte in Berlin über die Osterfeiertage – da bleibt ja fast nur der Weg ins Museum. Die Wahl fiel auf den Martin-Gropius-Bau, das frühere Kunstgewerbemuseum (das sowohl von der inhaltlichen Ausrichtung als auch dem architektonischen Stil dem Wiener Museum für Angewandte Kunst sehr ähnlich war/ist). Das Deutsche Historische Museum zeigt dort eine große Sonderausstellung zum Reformationsjubiläum: „Der Luthereffekt. 500 Jahre Protestantismus in der Welt“. Die beiden Partnerausstellungen „Luther und die Deutschen“ und „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“ sind vom 4. Mai auf der Wartburg in Eisenach beziehungsweise ab 13. Mai im Wittenberger Lutherhaus zu sehen.

Licht- und Klanginstallation von Hans Peter Kuhn am Beginn der Ausstellung

Im Gropiusbau werden exemplarisch vier Länder herausgestellt und die vielfältigen Ausprägungen des Protestantismus thematisiert: Schweden, USA, Korea und Tansania. Dass der Zugang zur Religion durch die unterschiedlichen kulturellen Ausgangslagen sehr verschieden ist, dass auch das Konfliktpotenzial im Spannungsfeld Religion – Kultur – Politik ein völlig anderes ist, wird sehr gut herausgearbeitet. Und nicht zuletzt: Wo stehen die protestantischen Kirchen auf den vier Kontinenten heute? Und was verbindet sie überhaupt noch?

Die Beschriftungen und Saaltexte sind gut, ein kleines Heft mit Erklärungen zu allen Objekten bekommt man auch dazu und wer noch mehr erfahren möchte, ist mit dem Audioguide gut beraten, der zusätzlich vertiefende Informationen liefert.

Eindeutig für schöneres Wetter eignet sich „Das Paradies ist überall“ – eine Open-Air-Ausstellung zwischen Ostern und Pfingsten (16. April – 04. Juni2017) an mehr als 70 Orten in der ganzen Stadt. Rote Tore zeigen, wo ein solcher Ort ist und wo, passend zur Umgebung, zu einer Entdeckungsreise zu „kleinen Paradiesen“ eingeladen wird.

„Luther und die Avantgarde“ verspricht ebenfalls eine interessante Auseinandersetzung mit dem Reformationsjubiläum zu werden. Ab 19. Mai, wiederum an drei Orten (im ehemaligen Gefängnis in der Lutherstadt Wittenberg, in der Karlskirche in Kassel und in der St. Matthäus-Kirche in Berlin), zeigen mehr als 65 zeitgenössische Künstler ihre Arbeiten, darunter z.B. Ai Weiwei und Gilbert & George.

Weiter Informationen zu Konzerten und anderen Ausstellungen: https://www.berlin.de/kultur-und-tickets/tipps/martin-luther-reformationsjubilaeum/

https://www.dhm.de/ausstellungen/der-luthereffekt.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Martin-Gropius-Bau

http://luther-avantgarde.de/r2017/

Frauenpower und Lebensfreude – Maria-Theresia-Jubiläumsausstellung in der Kaiserlichen Wagenburg

Als erster Teil von vieren wurde gestern in der Wagenburg in Schönbrunn die Jubiläumsausstellung „Frauenpower und Lebensfreude“ eröffnet (Besprechungen der anderen folgen).

Hier wird den Fragen nachgegangen, wie es die legendäre Regentin (von 1740-1780) schaffte, ihre politischen und repräsentativen Aufgaben zu erfüllen, 16 Kinder zu bekommen und zusätzlich (in ihren jüngeren Jahren) Feste und diverse Vergnügungen ausgiebig zu besuchen.

Maria Theresia, Franz Stephan und 11 ihrer 16 Kinder (Martin van Meytens Schule, um 1764)

Dass sie ihre Weiblichkeit besonders herausstrich und auch zur Durchsetzung ihrer Ideen einsetzte, ist auf den Bildern ebenso gut zu erkennen wie in diversen zeitgenössischen Beschreibungen. Auch dass Maria Theresia bis zum Tod ihres Mannes Franz Stephan kein Kind von Traurigkeit war, belegen zahlreiche Gemälde und Dokumente. Sie begann anlässlich ihrer Krönung zur ungarischen Königin zu reiten und löste damit eine Reitmode bei den Damen in Wien aus. Doch selbst nach einer durchtanzten Nacht auf einem Ball saß sie am nächsten Tag an ihrem Schreibtisch. Wahrscheinlich sind Pflichtbewusstsein und Disziplin die Eigenschaften, die alle diese Aktivitäten möglich machten. In der Ausstellung ist jetzt keine sehr differenzierte Betrachtung der Person Maria Theresia zu erwarten, im Gegenteil, man spürt die Bewunderung und Hochachtung, die der Regentin und Frau zuteil wird. Sie selbst würde es freuen, wollte sie doch durch gezielte Propaganda als  Landesmutter und Reformerin in guter Erinnerung bleiben. Und bei aller kritischer Sicht: Sie hat tatsächlich viel für ihr Land und die Bevölkerung zustande gebracht.

Gala-Tragsessel für die schwangere Maria Theresia

In der Wagenburg liegt der Schwerpunkt natürlich auf der Repräsentation, aber auch auf der Zerstreuung: Zum Teil noch nie ausgestellte Prunkkarossen gibt es zu bewundern, eine prächtige Prozession von Kutschen wurde nachgestellt und – besonders schön – eine Reihe von Schlitten mit den passenden Pferdegeschirren aufgebaut. Passend vor einem Gemälde der Schlittenfahrt anlässlich der Hochzeit Josephs II., sodass man die Pracht solcher Umzüge nachvollziehen kann. Sie wurden übrigens nicht nur zum Vergnügen der Höflinge organisiert, sondern auch das Volk hatte seinen Spaß daran.

Details …..

…. Details

Eines der Prunkstücke ist eine nun wieder schimmernde Karosse, die dick übermalt gewesen war und in den letzten Jahren Schicht um Schicht freigelegt wurde. Zum Vorschein kam eine Farbschicht, die mit Metall versetzt war und so im Sonnenschein wunderbar glänzte.

Wie erwähnt, ist dies nur ein Ausstellungsteil im Jubiläumsjahr (Maria Theresia wurde am 13.05.1717 geboren), die anderen finden sich

  • in Wien im Hofmobiliendepot:“Familie und Vermächtnis“
  • in Schloss Hof: „Bündnisse und Feindschaften“
  • in Schloss Niederweiden: „Modernisierung und Reformen“
  • alle bis 29.11.2017

Und wer noch immer nicht genug hat:

  • in der Österreichischen Nationalbibliothek: „Maria Theresia: Habsburgs mächtigste Frau“
  • bis 05. 06.2017
  • im Stift Kloosterneuburg: „Kirche, Kloster, Kaiserin – Maria Theresia und das sakrale Österreich“
  • bis 15.11.2017
  • im Kunsthistoricshen Museum: „Zuhanden Ihrer Majestät. Medaillen Maria Theresias“
  • 28.03.2017 – 18.02.2018

 

http://www.mariatheresia2017.at/

https://www.onb.ac.at/news-einzelansicht/news/prunksaal-inkl-ausstellung-maria-theresia-habsburgs-maechtigste-frau-3/

https://www.stift-klosterneuburg.at/besuchen-und-erleben/touren-fuhrungen/jahresausstellung-2017/

http://www.khm.at/besuchen/ausstellungen/zuhanden-ihrer-majestaet/

„Brennen für den Glauben. Wien nach Luther“ im Wien Museum

Eine in der Forschung und in den Publikationen eher unterbelichtete Zeit in Wiens Geschichte: Dass die Mehrheit der Wiener Bevölkerung im 16. Jahrhundert protestantisch war, ist den meisten wahrscheinlich nicht bewusst. Denn die katholischen Habsburger und mit ihnen die Gegenreformation taten alles, um die Stadt und die Untertanen wieder zum „richtigen“ Glauben zu bringen. In der Schlacht am Weißen Berg im Jahr 1620 wurde der Widerstand der protestantischen Stände endgültig gebrochen. Ganz ließ sich der neue Glaube freilich in Wien nicht ausrotten, doch es sollte noch bis zum Toleranzpatent Josephs II. dauern (1781), bis der Bevölkerung eine freie Religionsausübung erlaubt wurde.

Jakob Seisenegger: Predigt in der Wiener Augustinerkirche 1561 © Graf Harrach´sche Familiensammlung, Schloss Rohrau, NÖ

Jakob Seisenegger: Predigt in der Wiener Augustinerkirche 1561
© Graf Harrach´sche Familiensammlung, Schloss Rohrau, NÖ

Zwischen Martin Luthers Veröffentlichung seiner 95 Thesen (1517) und dem Toleranzpatent spannt sich der Bogen in der Ausstellung, mit dem Schwerpunkt im 16. und frühen 17. Jahrhundert.

Das alte Landhaus in der Herrengasse, ein wichtiges Zentrum der Protestanten (historische Darstellung aus dem 19. Jahrhundert) © Wien Museum

Das alte Landhaus in der Herrengasse, ein wichtiges Zentrum der Protestanten (historische Darstellung aus dem 19. Jahrhundert) © Wien Museum

Nicht nur die religiösen Konflikte in der Residenzstadt der katholischen Habsburger, sondern auch das politische, wirtschaftliche und kulturelle Umfeld werden beleuchtet. Da der Ausstellungssaal im Wien Museum ja nicht riesig ist, machte man aus der Not eine Tugend und möchte die Beengtheit innerhalb der Wiener Stadtmauern buchstäblich fühlbar machen. Daher empfiehlt sich ein Besuch zu einer Zeit, wo Platz und Zeit genug sind, um die Objekte ausführlich zu betrachten.

Erstdrucken der Thesen Luthers von 1517. Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Erstdrucken der Thesen Luthers von 1517. Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Das Augsburger Bekenntnis („Confessio Augustana“), 1530. Zeitgenössicshe Abschrift des deutschen Originals. Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Original des Augsburger Religionsfriedens 1555. Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Original des Augsburger Religionsfriedens 1555. Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Denn es wäre schade, durch diese Ausstellung schnell durchzuhetzen und sich nicht mit den wertvollen Originaldokumenten zu befassen, die in dieser Zusammenstellung noch nie zu sehen waren: So wird einer von wenigen erhaltenen Erstdrucken der Thesen Luthers von 1517 gezeigt, das Augsburger Bekenntnis von 1530 in der ältesten Abschrift in deutscher Sprache sowie das Originaldokument des Augsburger Religionsfriedens von 1555 mit der Unterschrift Ferdinands I.. Aber keine Angst, die Ausstellung besteht nicht nur aus sogenannter „Flachware“, sondern die dramatischen Jahre werden mit Gemälden, Stichen und anderen Kunst- und Alltagsobjekten dargestellt.

Der sehr informative Katalog ist auf dem besten Weg, zum Standardwerk für diese Epoche der Wiener Geschichte zu werden. Der Preis ist mit EUR 29.- sehr vernünftig, wer allerdings das Layout verbrochen hat, muss ich noch nachschauen. Denn so einen hässlichen Satzspiegel habe ich schon lange nicht erlebt – wie wenn in der Druckerei auf jeder Seite ein Fehlschnitt passiert ist. Ich weiß, der Inhalt soll wichtiger sein als die Form, aber in diesem Fall ist Kritik schon angebracht.

Wien Museum

Ansonsten: Eine wirklich sehr informative, kleine, feine Ausstellung mit Schätzen aus den Archiven und einer klaren Vorgabe, wie der Rundgang sinnvoll angelegt werden soll.

Geöffnet bis 14.05.2017, täglich außer Montag von 10 bis 18 Uhr.

Empfehlung: 4*

 

http://www.wienmuseum.at/de/aktuelle-ausstellungen/ansicht/brennen-fuer-den-glauben-wien-nach-luther.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Luther

https://de.wikipedia.org/wiki/Protestantismus

„Film-Stills. Fotografien zwischen Werbung, Kunst & Kino“ – eine sehenswerte Ausstellung in der Albertina

„Standbilder galten lange nicht als Kunst, sondern als Fotos aus Filmen, die schlicht nicht weiterlaufen.“ (Die Zeit)

"... denn sie wissen nicht, was sie tun" (Regie: Nicholas Ray, 1955), Foto: Floyd McCarthy (zugeschrieben)

„… denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Regie: Nicholas Ray, 1955), Foto: Floyd McCarthy (zugeschrieben)

Dass das ein großer Irrtum ist, ist in der laufenden Ausstellung in der Wiener Albertina zu sehen, die das Genre der Film-Stills mit Bildern der 1910er- bis 1970er-Jahre als eigene Kunstform zeigt.

"Die Nacht des Jägers" (Regie: Charles Laughton, 1955)

„Die Nacht des Jägers“ (Regie: Charles Laughton, 1955) – übrigens einer der Filme, die mich als Jugendliche am meisten verstört haben.

In den meisten Fällen wurden die Bilder für Werbezwecke extra angefertigt. In den Anfangszeiten des Films in nachgestellten Szenen nach Drehschuss, in eigenen Porträtstudien der Stars oder mit Szenen, die wahrscheinlich der Zensur zum Opfer fallen würden. Je besser die Kameratechnik wurde, desto mehr konnte auch direkt auf dem Filmset fotografiert werden. Oft sind die Fotografen nicht bekannt, v.a in den frühen Jahren. Doch leisteten sie gekonnte Arbeit im Nachstellen und Beleuchten der Bilder, die noch dazu die Stimmung des Films einfangen und trotz statischer Natur die Bewegtheit eines Films vermitteln sollten.

Um die Bewegtheit der Bilder zu suggerieren griffen manche Fotografen zum einem Trick und montierten Filmränder an die Bildseiten.

„Persona“ (Regie: Ingmar Bergmann, 1966). Um die Bewegtheit der Bilder zu suggerieren griffen manche Fotografen zum einem Trick und montierten Filmränder an die Bildseiten.

Die Ausstellung arbeitet auch die oft unbeachtete Tatsache heraus, dass einige Bilder, die zu Ikonen wurden, gar nicht in dieser Form im Film vorkommen. Das beste Beispiel dafür ist die Szene aus „The Seven Year Itch“ mit Marilyn Monroe, in der ihr das Kleid über einem New Yorker U-Bahnschacht in die Höhe fliegt – im Film so nicht zu sehen, sondern extra nachgestellt und später nochmals für die Zeitungsfotografen inszeniert.

"Das verflixte 7. Jahr" (Regie: Billy Wilder, 1955): Die berühmte Szene kommt so gar nicht im Film vor.

„Das verflixte 7. Jahr“ (Regie: Billy Wilder, 1955): Die berühmte Szene kommt so gar nicht im Film vor. Foto: Sam Shaw

"Das verflixte 7. Jahr" (Regie: Billy Wilder, 1955): nachgestellt für die Fotografen

„Das verflixte 7. Jahr“ (Regie: Billy Wilder, 1955): nachgestellt für die Fotografen

Besonders schön ist der Konnex mit anderen Künstlern herausgearbeitet, wie z.B. die Bilder für den Fritz Lang-Film „Die Nibelungen“ (1924), für die der Fotograf Anleihen bei Jugendstilillustrationen von Carl Otto Czeschka von 1908 nahm. Oder Alain Resnais‘ „Letztes Jahr in Marienbad“ von 1961, wo mit grafischen Mustern und geometrischen Formen in Schwarzweiß gearbeitet wird.

Die Jugendstilästhetik Czeschkas für das Buch "Die Nibelungen. Dem deutschen Volke wiedererzählt von Franz Keim" (1908) als Vorbild für Fritz Langs Nibelungenfilm

Die Jugendstilästhetik Czeschkas für das Buch „Die Nibelungen. Dem deutschen Volke wiedererzählt von Franz Keim“ (1908) als Vorbild für Fritz Langs Nibelungenfilm und die dazugehörigen Werbefotos

"Die Nibelungen" (Regie: Fritz Lang, 1924)

„Die Nibelungen“ (Regie: Fritz Lang, 1924), Foto: Horst von Harbou

"Die Nibelungen" (Regie: Fritz Lang, 1924)

„Die Nibelungen“ (Regie: Fritz Lang, 1924)

Dominiert für die Stummfilmzeit der deutsche bzw. amerikanische Film, werden für die 60er- und 70er-Jahre hauptsächlich französische (Godard, Resnais) und italienische Filme (Fellini, Pasolini) herangezogen.

"Letztes Jahr in Marienbad" (Regie: Alain Resnais, 1961)

„Letztes Jahr in Marienbad“ (Regie: Alain Resnais, 1961), Foto: Georges Pierre

"Die 120 Tage von Sodom" (Regie: Pier Paolo Pasolini, 1975)

„Die 120 Tage von Sodom“ (Regie: Pier Paolo Pasolini, 1975), Foto: Deborah Imogen Beer

Eine zusätzliche Spielerei, die wirklich amüsant ist: Mit der App Artivive und einem ausreichend aufgeladenen Smartphone werden viele der Film-Stills zum Leben erweckt. Wenn die Kamera auf das Foto gehalten wird, erkennt die App die dazugehörige Filmszene und spielt sie ab.

Film-Stills

Tipps:

  • Die Ausstellung ist nur mehr bis 26.02.2017 zu sehen, ich empfehle einen Besuch am Mittwoch Abend, wo die Albertina bis 21:00 Uhr geöffnet hat und viel weniger Besucher die Räume verstellen.
  • Rahmenprogramm:16.02.2017, 18:30 Uhr, Musensaal der Albertina | Eintritt frei | keine Anmeldung erforderlichErstmals diskutiert an diesem Abend Keith Hamshere öffentlich Highlights seiner langen und faszinierenden Karriere in der Filmindustrie: Für über 100 Filmproduktionen war er als Standfotograf tätig, sein Durchbruch gelang ihm als er die Chance erhielt für den legendären Regisseur Stanley Kubrick am Set von 2001 – A Space Odyssey zu arbeiten. Hamsheres Fotos vermitteln die technischen und kreativen Anforderungen dieses bemerkenswerten Films. „Meine Arbeit“, so Hamshere, „bedingte, dass ich mich am Filmset unsichtbar machte“.

Empfehlung: 4*

http://www.albertina.at/de/film-stills